OSTEUROPA


Aerograd
Originaltitel: Aerograd  (Аэроград)
Produktion: Sowjetunion, 1935 
(Schwarzweiss)
Gosudarstvennoe Upravlenie Kinematografii i Fotografii (GUKF)/Kinostudiya Mosfilm/Ukrainfilm
Regie: Aleksandr Dovzhenko.
Cast: Semyon Shagaida (Stepan Shagaida), Sergei Stolyarov, Yevgeniya Melnikova, Stepan Shkurat, G. Tsoi, N. Tabunasov, L. Kan, I. Kim, Boris Dobronravov, Yelena Maksimova, Vladimir Uralsky.
77 Minuten (PAL)
Während die Bolschewiken sich von Moskau aus vorbereiten, in den fernen Osten der Sowjetunion zu expandieren und an den Ufern des Ostmeeres eine gigantische Stadt zu errichten, stellen sich in der Taiga nahe der Stadt Khabarovsk wackere Partisanen in den Weg der bösen Japaner, welche versuchen, die Nation zu infiltrieren. Hunderte von Flugzeugen brechen auf in den Osten, um Personen und Material für Aerograd, die Stadt der Zukunft, heranzuschaffen.
Eine Kuriosität aus russisch-ukrainischer Produktion ist dieses Loblied auf die bolschewistische Revolution und die Industrialisierung von Russlands fernem Osten. 1935 mag dies Science-fiction gewesen sein, heute ist es eher ein kurioser Abenteuerfilm — und ein unverblümtes Zelluloidstück von Sowjetpropaganda. Erst wird gesungen, danach geschossen, und erst sehr viel später kommt der erste Dialog. Der Film, offenbar als sozialistisches Gegenstück des deutschen Science-fiction-Abenteuerfilms "F.P.1 antwortet nicht" (1932) konzipiert, illustriert ausserdem, dass die Wunden des russisch-japanischen Krieges offenbar tief reichten, und zeigt die Japaner als feige und hinterhältige Fieslinge und Feinde der hehren Roten Armee. Und nimmt bemerkenswerterweise tatsächlich ein Stück weit kommende Ereignisse (2. Weltkrieg) vorweg. Bezeichnend und irgendwie ironisch auch, dass Aerograd nie gezeigt wird, da es noch gar nicht erbaut wurde — auch hier nimmt der Film, freilich unfreiwillig, die Zukunft (des Sozialismus, der nicht zum Ziel führte) vorweg. Höchst beeindruckend die gewaltigen Flieger-Szenen zu heroischen Klängen, sowie tolle Landschaftsaufnahmen. Ein schwer bewertbarer Film, denn natürlich weiss man es heute besser.



Krakatit
Originaltitel: Krakatit
Produktion: Tschechoslowakei, 1947 (Schwarzweiss)
Ceskoslovenská Filmová Spolecnost
Regie: Otakar Vávra.
Cast: Karel Höger, Florence Marly, Eduard Linkers, Jirí Plachý, Natasa Tanská, Frantisek Smolík, Miroslav Homola, Vlasta Fabiánová, Jaroslav Prucha, Jirina Petrovická, Jaroslav Zrotal, Bedrich Vrbský, Bohus Hradil, Frantisek Vnoucek.
97 Minuten (PAL)

Der Wissenschaftler Prokop irrt, offenbar in geistig verwirrtem Zustand, durch die Strassen. Er begegnet Jiří Tomeš, einem alten Klassenkameraden, der ihn nach Hause bringt. Als er aufwacht, bittet ihn eine mysteriöse Frau darum, ebendiesem Tomeš einen Brief zu überbringen. Da Tomeš zu seinem Vater, einem Doktor auf dem Land, gefahren sein soll, macht sich auch Prokop auf diesen Weg, findet nach seiner Ankunft jedoch keinen Tomeš vor. Dafür begreift er, dass er, Prokop, der Erfinder von "Krakatit" ist — dem stärksten Explosivstoff, den die Welt je gesehen hat. Tomeš hat seine Formel mitgehen lassen und diese an den (fiktiven) Staat Balttin verkauft, dessen Waffenfabriken es jedoch nicht zustande bringen, Krakatit selbst herzustellen. Man entführt Prokop und bringt ihn zum Regierungssitz Balttins, wo er von der Prinzessin Wilhelmina Hagen umgarnt wird — mit dem Ziel, dass er Krakatit für Balttin herstelle. Prokop sprengt schliesslich sein zur Verfügung gestelltes Forschungslabor in die Luft und macht sich auf die Flucht. Doch er kann nicht verhindern, dass sämtliche Hauptstädte Europas durch die gleichzeitige Zündung von Krakatit in Schutt und Asche verwandelt werden.
Das "Krakatit" des Filmtitels hat seinen Namen vom indonesischen Vulkan Krakatau, der vor allem durch seinen verheerenden Ausbruch im Jahr 1883 bekannt ist. Der Film aus der Anfangszeit des "Kalten Kriegs" basiert auf einem Roman des tschechischen Schriftstellers Karel Čapek, der damit bereits im Jahr 1922 den Prospekt der Erfindung einer "Über-Waffe" (welche sich dann in der realen Geschichte in der Gestalt von Kernwaffen manifestieren sollte) vorwegnahm. Keine leichte Kost, inszenatorisch verworren, teils auch surrealistisch angehaucht und insgesamt weit, weit weg von den vielzitierten "heutigen Sehgewohnheiten", dennoch zweifellos eine lohnenswerte Angelegenheit, wenn man sich darauf einlässt. 1980 nahm sich Regisseur Otakar Vávra der Geschichte noch einmal an und drehte mit "Neutroneninferno" (auch bekannt als "Dunkle Sonne" und "Die Neutronen-Bombe"; im Original dannzumal "Temné slunce") ein Remake seines eigenen Films.




Sadko, der Vagabund
Originaltitel: Sadko  (Садко)
Produktion: Sowjetunion, 1952 
(Farbe)
Kinostudiya Mosfilm
Regie: Aleksandr Ptushko.
Cast: Sergei Stolyarov, Alla Larionova, Yelena Myshkova, B. Surovtsev, Mikhail Troyanovsky, Nadir Malishevsky, Nikolai Kryuchkov, Ivan Pereverzev, Yuri Leonidov.
85 Minuten (NTSC)
Die Stadt Novgorod in einer fernen, märchenhaften Vergangenheit. Glücksritter Sadko zieht mit gütiger Hilfe der Tochter des Meereskönigs aus, um dem armen Volk von Novgorod das Glück zu bringen (er meint das wörtlich). Wie er es finden kann, davon hat er freilich keine Ahnung. Auf jeden Fall bereist er die Länder der Welt, von Indien über Ägypten bis ins Unterwasserreich, um schlussendlich triumphierend zurückzukehren.
Für die Titelrolle in "Sadko" wurde Darsteller Sergei Stolyarov von Venedigs IFF-Filmfestival 1953 in eine Liste der besten Schauspieler der Welt aufgenommen. Auch in "Aerograd", "Geheimnis zweier Ozeane" sowie in "Tumannost Andromedy", einem der besten Science-fiction-Filme Russlands, war er mit von der Partie. "Sadko", auch bekannt als "Lockendes Glück", ist ein purer, ungemein opulenter Fantasyfilm aus dem Mosfilm-Studio. Inszeniert von Russlands Meister des Märchenfilms, Aleksandr Ptushko, lässt er mit seinem Aufwand, seinen fantastischen Bauten und Wesen den Zuschauer 85 Minuten lang kaum noch aus dem Staunen herauskommen. Manchmal übertreibt es Ptushko auch mit unrealistischen Szenen, zum Beispiel, wenn auch unter Wasser eine Brieftaube auf Sadkos Schulter landet, wie wenn er an Land stehen würde. In den USA wurde der wahrhaft magische Film vom amerikanischen Verleih dummdreist als ein weiterer Sindbad-Film beworben.




Geheimnis der ewigen Nacht
Originaltitel: Tayna vechnoy nochi  (Тайна вечной ночи)
Produktion: Sowjetunion, 1955 
(Farbe)
Kinostudiya Mosfilm
Regie: Abram Room & Dmitri Vasilyev.
Cast: Mikhail Astangov, Konstantin Bartashevich, Yelena Izmailova, Ivan Pereverzev, Danuta Stolyarskaya, Apollon Yachnitsky.
75 Minuten (PAL)
Russische Forscher untersuchen mit einem neuartigen Bathyskaph (Tiefsee-Forschungs-U-Boot) in der ewigen Dunkelheit der Tiefsee gefährliche Strahlen, die Menschen erblinden lassen und Flutwellen auslösen.
Werden vergleichbare amerikanische Filme dieser Zeit wie etwa "Die Zeitmaschine" von 1960 heute (zurecht) als Klassiker angesehen, so kennt die russischen SF-Klassiker leider kaum jemand. Dieser extrem selten gesehene Film aus dem Mosfilm-Studio von 1955 kann sich dabei (selbst in unverständlicher Originalfassung) mehr als sehen lassen und wartet mit einer Handvoll sehenswerter Spezialeffekte (gleich zu Beginn trifft eine Flutwelle auf eine Küste, desweiteren gibt es faszinierende Tiefsee-Kreaturen und -Landschaften zu sehen) auf. Sah die hiesige Kritik hierin einen "völlig spannungslosen Film mit hölzern agierenden Schauspielern und verkrampften Dialogen" (es schien hierzulande zum guten Ton zu gehören, sämtliche russischen Filme mit den ewig gleichen Argumenten abzukanzeln), so gewinnt man als unbefangener Zuschauer doch eher die Impression eines faszinierenden Films, der eine Wiederentdeckung durch Fans klassischer Science-fiction mit Charme unbedingt verdient hätte.




Geheimnis zweier Ozeane
Originaltitel: Ori okeanis saidumloeba  (ორი ოკეანის საიდუმლოება)  /  Tayna dvukh okeanov  (Тайна двух океанов)
Produktion: Sowjetunion, 1955-1956 (Farbe)
Qartuli Pilmi (Grusia-Film)
Regie: Konstantine Pipinashvili.
Cast: Sergei Stolyarov, Igor Vladimirov, Sergei Golovanov, Pyotr Sobolevsky, Vakhtang Ninua, Sergei Komarov, Antonina Maksimova, Leonid Pirogov, T. Dobrotvorsky, Pavel Luspekayev, Mikhail Gluzsky, I. Preis, Igor Bristol.
143 Minuten (PAL/Originalfassung)
Das sowjetische High-Tech-U-Boot "Pionier" macht sich von Leningrad aus auf, rätselhafte Schiffsunglücke im Atlantischen und im Stillen Ozean zu klären. Für die Angriffe werden "feindliche" (westliche) Agenten verantwortlich gemacht, die auch die U-Boot-Crew infiltriert haben.
Unterwegs treffen sie auf einen von Walfängern gejagten Pottwal, schmelzen sich durch riesige Eisblöcke und wehren sich gegen einen Riesentintenfisch. Ohne das Wissen des Kapitäns versucht sein Chef-Maschinist, die Mission zu sabotieren. Auf einer Insel, die den feindlichen Mächten als Torpedo-Abschussbasis dient, kommt es zum finalen Showdown.
"Kalter-Krieg"-Science-fiction-Abenteuer in zwei Teilen aus Georgien (!) nach einem fantastischen Roman des russischen Schriftstellers Grigori Borissowitsch Adamow, ausgestattet mit charmanten Spezialeffekten. Die U-Boot-Szenen und Trickeffekte erinnern an spätere Filme wie "Auf der U-17 ist die Hölle los" (1959), "Unternehmen Feuergürtel" (1961), die beiden japanischen Untersee-Spektakel Ishirô Hondas ("U-2000 — Tauchfahrt des Grauens", 1963; "U 4000 — Panik unter dem Ozean", 1969) oder "UX Bluthund — Tauchfahrt des Schreckens" (1966).
Die russische Version des ersten Teils hört nach 79 Minuten abrupt auf mit einem Riesenkalmar, der eine Taucherkugel samt Insasse in die Tiefe zieht ("20 000 Meilen unter dem Meer" von 1954 lässt grüssen). Tatsächlich besteht der Film im Original aus zwei Teilen (1955/1956), die bis zur Veröffentlichung der deutschen DVD wohl seit den 1950er Jahren nicht mehr gesehene deutsche Kinofassung wurde daraus zusammengeschnitten.




Der Weg zu den Sternen
Originaltitel: Doroga k zvezdam  (Дорога к звёздам)
Produktion: Sowjetunion, 1954-1957 
(Farbe)
Leningrad Popular Science Film Studio (Leningrader Studio für populärwissenschaftliche Filme)
Regie: Pavel Klushantsev.
Cast: Georgi Solovyov, Georgi Kulbush, A. Shutko, D. Shatrov, G. Bakhmatsky.
49 Minuten (PAL)
 
Um die Wendezeit vom 19. zum 20. Jahrhundert versucht der beinahe taube Lehrer und Wissenschaftler Konstantin Eduardovich Tsiolkovsky (Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski), der mehrheitlich bäuerlichen Bevölkerung der armen Region ("Oblast") Rjasan (später Moskau) seine fantastischen Ideen von der Raumfahrt und die Faszination des Weltraums näher zu bringen. Von seinen Zeitgenossen erntet er vor allem Kopfschütteln und Unverständnis, doch in die Geschichte wird er als Wegbereiter der sowjetisch/russischen Raumfahrt und Vater der modernen Kosmonautik eingehen. Ziolkowski stirbt 1935, doch seine fantastischen Ideen leben weiter und helfen den Sowjets schliesslich, Raumschiffe, Weltraumstationen und Städte auf dem Mond zu errichten sowie die Eroberung der Sterne und des Weltraums voranzutreiben.
Der 1957 — in dem Jahr notabene, in dem sich die Sowjetunion mit dem künstlichen Satelliten "Sputnik 1" als erste Nation der Welt erfolgreich anschickte, den Weltraum zu erobern — fertiggestellte, halb als Spielfilm, halb als Dokumentation beziehungsweise Lehrfilm konzipierte "Der Weg zu den Sternen" setzte dem russischen Raumfahrtpionier Ziolkowski ebenso ein Denkmal wie all jenen Geistern, die widrigsten Umständen zum Trotz visionäre Ideen verfolgen und die ihr Leben in den Dienst der schlussendlichen Verwirklichung ihrer Träume, koste es, was es wolle, stellen. Der Film aus dem "Leningrader Studio für populärwissenschaftliche Filme", entstanden unter der Regie des sowjetischen Science-fiction-Spezialisten Pavel Klushantsev ("Planet der Stürme", 1961; "Luna"/"The Moon", 1965) enthält einige der feinsten Spezialeffekte-Arbeiten, die im Kino der 1950er Jahre zu sehen waren, und verbreitet eine unverdorben optimistische Stimmung. Überraschenderweise werden sogar die Anstrengungen der Wissenschaftler des kapitalistischen Erzfeindes (USA) bei der Eroberung des Alls, wenn auch nur sehr kurz, gewürdigt. Naiv und leider sehr kurz geraten, doch ein interessantes und visuell noch immer beeindruckendes filmisches Relikt aus den Zeiten der Anfänge des "Rennens im All". Der Film bleibt äusserst rar — die deutsche DVD-Veröffentlichung dürfte bis dato (2012) die einzige auf der Welt sein.




Die Erfindung des Verderbens
Originaltitel: Vynález zkázy
Produktion: Tschechoslowakei, 1957 
(Schwarzweiss)
Ceskoslovensky Státní Film/Filmové Studio Gottwaldov
Regie: Karel Zeman. 
Cast: Lubor Tokos, Arnost Navrátil, Miroslav Holub, Frantisek Slégr, Václav Kyzlink, Jana Zatloukalová.
77 Minuten (PAL)
Unterwasser-Piraten entführen den genialen Wissenschaftler Professor Roch und seinen Assistenten Simon Hart auf ein geheimnisvolles Vulkan-Atoll, wo der Professor seine neue Erfindung vollenden soll. Es entgeht seiner Aufmerksamkeit, dass sein Gastgeber Graf Artigas die Dienste des Professors keineswegs zum Wohle der Menschheit, sondern zur Eroberung und Plünderung in Anspruch nehmen will. Ohne es zu ahnen, hilft der Professor mit beim Bau einer furchtbaren Waffe, der titelgebenden "Erfindung des Verderbens".
Frei nach Jules Verne schuf der tschechoslowakische Regisseur und Film-Visionär Karel Zeman, der der Welt auch die wundervollen Filme "Die Reise in die Urwelt" (1955) und "Auf dem Kometen" (1970) hinterliess, diese beeindruckende und einmalige Mischung aus Real- und Animationsfilm. Die Set-Designer leisteten sichtlich Sonderschicht, um eine surreale Welt enstehen zu lassen, die direkt den Seiten eines Jules-Verne-Romans entsprungen zu sein scheint. Daneben gefällt die Symbolik von Zemans Einstellungen: Die Frau, die einen Kanonenputzer zum Bügeln verwendet und in Soldatenhelme Blumen pflanzt. Einer jener Filme, von denen man sich wünscht, man hätte sie schon als Kind gesehen.




Das gestohlene Glück
Originaltitel: Sampo  (Сампо)
Produktion: Sowjetunion/Finnland, 1958 (Farbe)
Kinostudiya Mosfilm/Suomi-Filmi Oy
Regie: Gregg Sebelious (Aleksandr Ptushko) (& Risto Orko).
Cast: Urho Somersalmi, Anna Orochko, Ivan Voronov, Andris Oshin, Ada Vojtsik, Eve Kivi, Anatoliy Barantsev, Vladimir Boriskin, Valentin Bryleev, Anneli Haahdenmaa, Maikki Hako, Hilkka Helinä, E. Hippeläinen, Mauno Hyvönen, D. Karpova.
86 Minuten (PAL/restaurierte finnische Kinofassung)
Die Bewohner des Landes Kalevala sehnen sich nach dem "Sampo", einer Zaubermühle, welche Salz, Mehl und Gold im Überfluss herstellen kann und die nur der unsterbliche Schmid Ilmarinen fertigen kann. Ein solches Sampo will auch Louhi, die bösartige Hexe und Beherrscherin des "Nordlandes", Pohjola, die auch das Himmelsfeuer gestohlen hat, welches Ilmarinen benötigen würde, um ein Sampo zu schmieden. Sie entführt mit einem magischen Umhang die schöne Annikki, Ilmarinens Schwester und die Geliebte des Holzfällers Lemminkäinen. Auf Rat des Weisen Väinämöinen bauen Lemminkäinen und Ilmarinen ein Boot, um von Kalevala über das Meer nach Pohjola zu gelangen und Annikki zu retten. Doch als Gegenleistung für die Freilassung Annikkis verlangt Louhi, dass Lemminkäinen ihr Schlangenfeld pflüge und Ilmarinen ihr das Sampo schmiede. Nach getaner Arbeit dürfen die drei nach Kalevala zurückkehren. Da man dort jedoch das Sampo dringend benötigt, will Lemminkäinen es den Bewohnern Pohjolas entwenden und macht sich wieder auf zum Nordland, wo er allerdings von der tückischen Hexe Louhi getötet und sein Körper ins Meer geworfen wird. Mit der Hilfe einer Birke, des Weges, der Sonne und des Meeres gelingt es jedoch Lemminkäinens Mutter, ihren Sohn ins Leben zurückzuholen. In einem neuerlichen Anlauf, das Sampo zu erobern, geht dieses verloren, und Lemminkäinen kann nur ein Bruchstück davon nach Kalevala zurückbringen. Die wütende Louhi befreit daraufhin die von ihr gefangenen Winde, stiehlt die Sonne und lässt Kalevala mit Schnee, Eis und Dunkelheit überziehen. Doch dessen Bewohner kehren mit aus Schmuck und dem Holz tausendjähriger Eichen gefertigten Kantelen (finnisches Saiteninstrument) über das nun gefrorene Meer nach Pohjola zurück, wobei ihnen das gerettete Stück des Sampo als Nordlicht den Weg durch die Dunkelheit weist. Die Musik der Kantelen schläfert Louhis Zauberer ein und verwandelt die Hexe zu Stein.
"Das gestohlene Glück" oder "Sampo" war eine gross angelegte Gemeinschaftsproduktion der sowjetrussischen Mosfilm- und der finnischen Suomi-Filmi-Studios. Die erzählte Geschichte basiert auf dem karelo-finnischen Epos "Kalevala", welches der finnische Schriftsteller und Philologe Elias Lönnrot (1802-1884) im frühen 19. Jahrhundert auf der Grundlage mündlicher Überlieferung der finnischen Mythologie zusammengestellt hatte und das als finnisches Nationalepos und wichtigstes Werk der finnischen Literatur gilt. Der Film wurde, vergleichbar mit grossen Filmen der Stummfilmzeit, von zwei Kameras simultan aufgenommen, wobei aus dem resultierenden Material sowohl je eine russische und eine finnische Breitleinwand- als auch Vollbild-Version (insgesamt also vier Versionen) angefertigt wurde. Die deutsche Kinofassung, die erstmals im Jahr 1960 in der DDR gezeigt wurde, basierte dabei auf der längeren russischen Version des Films, die als typischer russischer Märchenfilm (von denen der Regisseur Aleksandr Ptushko eine grosse Anzahl inszeniert hatte) angelegt war, während man für die finnische Fassung einige als nicht im Einklang mit dem "Kalevala" empfundene Szenen entfernte und der Dialog dem Wortlaut des "Kalevala" getreu in Vers- beziehungsweise Liedform vorgetragen wurde. Der Vollständigkeit halber sei noch die amerikanische Fassung ("The Day the Earth Froze") erwähnt, die massiv gekürzt und umgeschnitten und von absurdem, den Inhalt verfälschendem Werbematerial begleitet wurde. Die russischen (Anna Orochko, Ivan Voronov), finnischen (Urho Somersalmi) und estnischen (Eve Kivi) Schauspieler sowie Regisseur Ptushko wurden dabei zudem mit erfundenen Fantasienamen bedacht.



Der Himmel ruft
Originaltitel: Nebo zovyot  (Небо зовёт)
Produktion: Sowjetunion, 1959 
(Farbe)
A.P. Dovzenko Filmstudio (Dowshenko-Studio)
Regie: Mikhail Karzhukov & Aleksandr Kozyr.
Cast: Ivan Pereverzev, Aleksandr Shvorin, Konstantin Bartashevich, Larisa Borisenko, V. Chernyak, Viktor Dobrovolsky, S. Filimonov, Taisiya Litvinenko, L. Lobov, Alla Popova, Marina Samojlova, Gurgen Tonunts.
71 Minuten (PAL)
Die Sowjet-Sozialisten stehen vor dem ersten bemannten Mars-Flug, doch die kapitalistischen Amerikaner wollen ihnen mit ihrem Projekt "The Mars Syndicate" zuvorkommen und Mars-Land für zukünftige Wohnungen verhökern. Natürlich schlägt ihre Mission fehl, und ihre Rakete "Typhoon" droht in die Sonne zu stürzen. Die Russen geben ihre eigene Mission auf, um die Amerikaner zu retten. Ihr Raumschiff "Potemkin" notlandet schliesslich auf dem Asteroiden Ikarus, wo sie gemeinsam den Aufgang der roten Mars-Scheibe beobachten.
In den 1950er Jahren tobte der "kalte Krieg" auch auf den Leinwänden. Und haben (zumeist rasch und billig dahingekurbelte) amerikanische SF-Streifen dieser Zeit dem Publikum genügend Propaganda um die Ohren geschlagen, so gab es auch einige Ostblock-Filme, die dasselbe taten. Einer davon war "Nebo zovyot". Ironischerweise kaufte Roger Corman den russischen Film und liess ihn durch einen jungen Francis Ford Coppola als ideologisch massentaugliches US-Produkt tarnen. Seither ist nur noch diese umgearbeitete US-Version, komplett mit eingebauten Billig-Monstern und vollkommen anderer Handlung, unter dem Titel "Battle Beyond the Sun" zu sehen. Der russische Originalfilm ist leider praktisch von der Bildfläche verschwunden. Dies ist sehr bedauerlich, denn er ist visuell einer der beeindruckendsten Science-fiction-Filme der Sowjetunion (sowie der gesamten 1950er Jahre). Der Film ist etwas steif geraten wie die meisten Sowjet-Weltraumopern, doch mit seinen zahlreichen gelungenen Modell-Trickaufnahmen und Matte-Paintings steckt er das Gros der US-Konkurrenz locker in die Tasche, und obwohl stark propagandalastig, hat er ein einigermassen versöhnliches Ende, das etwa an jenes von "Countdown: Start zum Mond" (1967) erinnert, freilich mit umgekehrten Vorzeichen.




Begegnung im All
Originaltitel: Mechte navstrechu  (Мечте навстречу)
Produktion: Sowjetunion, 1963 
(Farbe)
Studio für Spielfilme Odessa
Regie: Mikhail Karzhukov & Otar Koberidze.
Cast: Larisa Gordeichik, Boris Borisenko, Otar Koberidze, Peeter Shmakov (Peeter Kard), A. Genesin, V. Yanpavlis, Nikolai Timofeyev, Nikolai Volkov, T. Pochepa, L. Chinidzhanei, A. Korotyukov.
62 Minuten (PAL)
Sowjetische Kosmonauten kommen auf dem Mars und seinem Mond Phobos einer Alien-Expedition zu Hilfe, die auf dem fernen Planeten Zenturia startete und im Sonnensystem der Erde notlanden musste.
Aus dem "Studio für Spielfilme Odessa" kam 1963 der visuell vielleicht beeindruckendste russische Science-fiction-Film überhaupt, erneut unter der Regie von Mikhail Karzhukov, der vier Jahre zuvor "Der Himmel ruft" inszenierte. Aufgrund der Sprachbarriere (dieser Film lag nur in russisch ohne Untertitel vor) ist es schwierig, dazu eine abschliessende Bewertung abzugeben, doch ist klar ersichtlich, dass hier ein enormer Aufwand betrieben wurde, um fantastische Landschaften des Mars und von Phobos sowie, und dies gelang besonders beeindruckend, der Alien-Welt von Zenturia darzustellen. Auch die Botschaft des Films scheint eine überwiegend positive zu sein. Dies muss als einer der besten Weltraum-Science-fiction-Filme vor Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" (1968) gelten. Wie sein "companion piece" "Der Himmel ruft" (1959) war auch "Begegnung im All" seit mehr als 40 Jahren völlig von der Bildfläche verschwunden und während dieser Zeit kaum gesehen. Ein Grossteil der beeindruckenden Trickaufnahmen konnte jedoch in dem amerikanischen SF-Horrorfilm "Queen of Blood" (1966) des Regisseurs Curtis Harrington bewundert werden, der die Aufnahmen recycelte.
Nachtrag: Mittlerweile liegt die deutsche Fassung auf DVD vor.



The Hyperboloid of Engineer Garin
Originaltitel: Giperboloid inzhenera Garina  (Гиперболоид инженера Гарина)
Produktion: Sowjetunion, 1965 
(Schwarzweiss)
Gorky Film Studios
Regie: Aleksandr Gintsburg.
Cast: Evgeni Evstigneev, Vsevolod Safonov, Mikhail Astangov, Natalya Klimova, Vladimir Druzhnikov, Mikhail Kuznetsov, Yuri Sarantsev, Nikolai Bubnov, Viktor Chekmaryov.
91 Minuten (PAL)
Im Jahr 1925: Der sowjetische Agent Shelga sowie diverse kapitalistische Parteien jagen hinter dem Wissenschaftler Garin her, der den "Hyperboloiden" konstruiert hat, ein Strahlengerät, das die tödlichste Waffe der Welt darstellt. Garin entkommt und nistet sich auf einer Insel ein, wo er mit seinem Hyperboloiden unterirdische Goldreserven freilegt und zunehmend grössenwahnsinnige Pläne verfolgt.
Ein sowjet-russischer Science-fiction-Film mit Anleihen bei "Cold-War"-Spionage-Abenteuern, der etwas von einer erwachseneren Version von "Die Erfindung des Verderbens" (1957) hat und dem Film "Geheimnis zweier Ozeane" (1956) nicht unähnlich ist. Der Film des Regisseurs Aleksandr Gintsburg aus dem Gorky-Filmstudio ("Киностудия имени Горького"), gedreht nach einem Roman von Aleksei Tolstoy, hat es nicht in den deutschen Sprachraum geschafft und wartet mit einer Handvoll gelungener Spezialeffekte (feine Modellarbeit) auf — ein kleiner Geheimtipp, der wie die meisten russischen Genre-Filme zumindest im Westen im grossen Stil ignoriert wird.




Lokis
Originaltitel: Lokis — Rękopis Profesora Wittembacha
Produktion: Polen, 1970 
(Farbe)
P.P. Film Polski
Regie: Janusz Majewski.
Cast: Józef Duryasz, Edmund Fetting, Gustaw Lutkiewicz, Malgorzata Braunek, Zofia Mrozowska, Hanna Stankówna, Witold Holtz.
95 Minuten (PAL)
Im 19. Jahrhundert reist der Professor/Pastor Wittembach in eine abgelegene Waldlandschaft Litauens, um die dortige Folklore zu studieren. Er folgt einer Einladung des jungen Adligen Michal Szemiot zu dessen luxuriöser Villa, wo er die umfangreiche Bibliothek studieren möchte. Von Szemiot erzählt man sich indes, seine Mutter sei von einem Bär angefallen worden, und er selbst sei möglicherweise das Resultat einer höchst unheiligen Verbindung. Szemiots Braut wird in seiner Hochzeitsnacht mit aufgeschlitztem Hals aufgefunden. Tierspuren weisen in Richtung des nahen Waldes.
Für einmal ein Horrorfilm, dessen Geschichte nicht nur in Osteuropa spielt und/oder sich dortiger Mythen und Legenden bedient, sondern der auch tatsächlich von dort stammt. Die literarische Vorlage wurde allerdings 1869 vom französischen Schriftsteller Prosper Mérimée (1803-1870) veröffentlicht. Regisseur Janusz Majewski bewies ein gutes Auge für stimmungsvolle Bilder und Szenerien. Sein Film ist mit opulenten, farbenreichen Sets dekoriert und fängt eine Atmosphäre schleichenden Schreckens ein, wobei er zugunsten von subtilem Surrealismus auf aufdringliche Effekthascherei verzichtet. Quasi eine polnische Variante klassischen "Hammer"-Grusels und ein Film, der ein grösseres Publikum verdient hätte. Wenn er denn nur noch in verständlicher Fassung vorliegen würde.




Valerie — Eine Woche voller Wunder
Originaltitel: Valerie a týden divů
Produktion: Tschechoslowakei, 1970 
(Farbe)
Filmové Studio Barrandov
Regie: Jaromil Jires.
Cast: Jaroslava Schallerová, Helena Anýzová, Petr Kopriva, Jirí Prymek, Jan Klusák, Libuse Komancová, Karel Engel, Alena Stoyáková, Otto Hradecký, Jirina Machalická.
73 Minuten (PAL)
Mit dem Eintreffen der Missionare in ihrer Stadt verändert sich das Leben der 14-jährigen Valerie. Sie glaubt, im Reverend ein Monster zu erkennen und entdeckt, dass sie von Vampiren umgeben ist. Auch die einzige erwachsene Vertrauensperson in ihrem Leben, die Grossmutter, ist nicht das, was sie zu sein scheint, hat sie doch lange Eckzähne und steckt mit dem Reverend unter einer Decke. Der einzige, auf den sie sich verlassen kann, ist ihr Bruder Orlik (Adler), zu dem sie sich auch auf eine romantische Art hingezogen fühlt. Doch er verlässt sie...
Dieses surreale, erotische Filmwunder ist ein märchenhafter, Film gewordener (Alp-)Traum, ein Bildersturm voller bizarrer Charaktere, Symbolik und Schönheit. Der ganze Film kann wohl als Metapher für die Impressionen eines jungen Mädchens an der Schwelle zum Erwachsenwerden interpretiert werden. Dabei erfährt man nicht, ob all die seltsamen und wunderbaren Vorgänge ausschliesslich Valeries Fantasie entspringen, ob sie einen Traum darstellen, oder ob Valerie tatsächlich in der Welt lebt, die man sieht. Mit Jaroslava Schallerová wurde eine nahezu perfekte Besetzung gefunden, die Valerie mit einer beindruckenden Mischung aus kindlicher Unschuld und weiblicher Neugier spielt. Dazu kommt eine manchmal betörend schöne musikalische Begleitung. Der nur 73 Minuten lange Film aus dem Filmové Studio Barrandov ist ein Kleinod, das leider kaum jemand gesehen hat (und das es erst im DVD-Zeitalter auch in den deutschen Sprachraum schaffte), ein Film aus der Spätzeit der "Neuen Welle" des tschechoslowakischen Kinos. Mainstream-Kinogänger und Hollywood-Fans mögen wenig damit anfangen können, doch wer sich darauf einlässt, erlebt einen höchst ungewöhnlichen Film, der zudem wieder einmal offenbart, welch vielfältiges Kino gemeinhin unter dem Begriff "Horror" zusammengefasst wird, wobei "Valerie" so viel mehr ist als einfach "nur" ein Horrorfilm. Was in "Valerie and Her Week of Wonders" abgeht, ist eigentlich unmöglich in Worten zu beschreiben, man muss es sich selbst ansehen.




Diabel
Originaltitel: Diabeł
Produktion: Polen, 1972 
(Farbe)
Zespól Filmowy "X"
Regie: Andrzej Zulawski.
Cast: Malgorzata Braunek, Michal Grudzinski, Iga Mayr, Monika Niemczyk, Wojciech Pszoniak, Wiktor Sadecki, Leszek Teleszynski.
119 Minuten (PAL)
Im 18. Jahrhundert marschieren die Preussen in Polen ein. Beim Angriff auf ein Kloster wird der junge Jakub, ein politischer Gefangener, von einem mysteriösen Mann befreit. Zusammen mit einer Nonne streift Jakub fortan durch die Lande, stets seinen geheimnisvollen Begleiter im Schlepptau. Er muss feststellen, dass seine Verlobte einen anderen Mann hat, sein Vater Selbstmord beging, nachdem er Haus und Hof zerstörte, und seine Mutter eine Prostituierte wurde. Im allgemeinen Irrsinn um ihn herum wird auch Jakub zum Mörder.
Der junge Regisseur Andrzej Zulawski ("Der silberne Planet") bewies zweifellos Mut, als er 1972 hinter dem "eisernen Vorhang" diesen provokativen Bildersturm drehte. Die Regierung Polens witterte in seinem Werk versteckte anti-kommunistische Botschaften, die katholische Kirche war angesichts der gezeigten Gewalt und Freizügigkeit empört. "Diabel" wurde wenig überraschend aus dem Verkehr gezogen und erlebte seine Premiere in Polen mit 16 Jahren Verspätung im März 1988. Was man auch alles in den Film hineininterpretieren mag, am Ende lässt dieser sein Publikum verwirrt und hilflos zurück. Ob verständliche Untertitel an diesem Eindruck eine signifikante Änderung bewirkt hätten, sei an dieser Stelle in Frage gestellt. Ein interessanter, doch schwer verdaulicher und kaum dem Unterhaltungskino zurechenbarer Film.




Das Sanatorium zur Todesanzeige
Originaltitel: Sanatorium pod klepsydrą
Produktion: Polen, 1973 (Farbe)
Zespól Filmowy "Silesia"
Regie: Wojciech J. Has.
Cast: Jan Nowicki, Tadeusz Kondrat, Irena Orska, Halina Kowalska, Gustaw Holoubek, Mieczyslaw Voit, Bozena Adamek, Ludwik Benoit, Henryk Boukolowski, Seweryn Dalecki, Julian Jabczynski, Janina Sokolowska.
119 Minuten (PAL)
Der junge Józef reist an Bord eines seltsamen Zuges zu einem Sanatorium, um seinen im Sterben liegenden Vater zu besuchen. Das Sanatorium erweist sich als Ort, an dem die Gesetze der Physik, von Zeit und Raum ausser Kraft zu sein scheinen. Józef findet eine von seltsamen Gestalten bevölkerten Ruine vor und durchlebt verschiedene Zeiten und Erlebnisse, in denen er seinem Vater sowie seiner Mutter begegnet. Die Reise sollte auch in sein eigenes Verderben führen. 
Dieser Film nach dem gleichnamigen, autobiographisch gefärbten Roman des polnischen Schriftstellers Bruno Schulz gibt Andrzej Zulawskis "Diabel" "a run for his money", was Surrealität und traumhafte Bilderwelten anbelangt. Hier kommen noch jüdische Religionssymbolik und die Verarbeitung des Holocaust dazu. Der Film von Regisseur Wojciech J. Has schwelgt geradezu in verschwenderisch ausgestatteten, aufwendigen und detailverliebten Sets und faszinierenden Bildern. Has soll fünf Jahre daran gearbeitet haben, und dies soll zumindest bei ihrer Entstehung die teuerste Filmproduktion Polens gewesen sein. Man sieht es ihr an. Wie man es von polnischer Phantastik gewohnt ist, keine leichte Kost, doch wer sich darauf einlässt, mag belohnt werden.



Leptirica
Originaltitel: Leptirica
Produktion: Jugoslawien, 1973 
(Farbe)
Radiotelevizija Beograd (TV Belgrade)
Regie: Djordje Kadijevic.
Cast: Mirjana Nikolic, Petar Bozovic, Slobodan Perovic, Vasja Stankovic, Aleksandar Stojkovic, Tanasije Uzunovic, Ivan Djurdjevic, Branko Petkovic, Toma Kuruzovic.
62 Minuten (PAL)
Im serbischen Bergdorf Zarozje häufen sich rätselhafte Todesfälle unter Müllern. Der alte Vule ist der vierte von ihnen, der auf unerklärliche Weise zu Tode kam. Hier lebt der Bauer Zivan mit seiner Tochter Radojka, die "so schön ist wie ein Schmetterling" (Vule) und um deren Hand der rechtschaffene, aber arme Strahinja anhält. Zivan will davon jedoch nichts wissen. Unterdessen vermuten die Dorfbewohner hinter den Todesfällen das Werk eines 90 Jahre zuvor als Wurdalak (Vampir) begrabenen Mannes namens Sava Savanovic, dessen Grab sie nun aufsuchen, um seinen Leichnam zu pfählen. Dabei entkommt ihnen jedoch eine Motte, die dem Sarg entschlüpft — und mit ihr der Vampir. Strahinja erklärt sich bereit, der neue Müller zu werden, und verbringt die Nacht in der verfluchten Mühle. Prompt wird er von einer unheimlichen Kreatur angegriffen.
Der obskure Vampir-Horrorfilm "Leptirica" (übersetzt etwa "der weibliche Schmetterling" oder "die Motte") war ursprünglich Teil einer ganzen Reihe von TV-Horrorfilmen, die das damalige Staatsfernsehen Jugoslawiens ("Radiotelevizija Beograd") in den frühen 1970er Jahren produzierte und ausstrahlte (andere Filme dieser Reihe waren "Sticenik" ("The Protected", 1973) und "Devicanska svirka" ("The Virgin's Music"/"Maidenly Music", 1973), beide ebenfalls von Djordje Kadijevic, sowie "San Dr Misica" ("The Dream of Dr. Misic", 1973) und "Prokletinja" ("The Damned Thing", 1975) von Branko Plesa). Der Film gilt heute zurecht als Geheimtipp unter Horror-Kennern, handelt es sich hierbei doch (trotz kurzer Laufzeit) um einen der atmosphärisch dichtesten Vampirfilme der gesamten Filmgeschichte, mit der hübschen Mirjana Nikolic zudem perfekt besetzt, dem seine Nähe zur Herkunft bzw. zu den Schauplätzen vieler Vampir-Legenden Authentizität und Stimmung verleiht. Sava Savanovic ist einer der bekanntesten Vampire der serbischen Folklore; er erscheint unter anderem in der 1880 publizierten Kurzgeschichte "Posle devedeset godina" ("After Ninety Years") des Schriftstellers Milovan Glisic, die dem Film als literarische Vorlage diente. Regisseur Djordje Kadijevic war ein Experte für das Horrorfilm-Genre in Jugoslawien und drehte später auch den Kinofilm "Sveto mesto" ("A Holy Place", 1990).



The Virgin's Music
Originaltitel: Devičanska svirka
Produktion: Jugoslawien, 1973 (Schwarzweiss)
Radiotelevizija Beograd (TV Belgrade)
Regie: Djordje Kadijevic.
Cast: Olivera Vuco (Olivera Katarina), Goran Sultanovic, Ivan Jagodic, Osman Halilkovic, Toma Kuruzovic.
57 Minuten (PAL)
Der junge Studierte (?) Ivan reist über Land irgendwo in Osteuropa mit dem Ziel, "in die Stadt" zu gelangen, als er an einer Raststätte Halt macht. Nachdem eine mysteriöse Kutsche in Sichtdistanz die Stätte passiert, weigert sich sein Führer, ihn weiter zu befördern. Als Ivan zu Fuss weiter will, hört er einen geheimnisvollen Gesang, der aus einem nahen Schloss kommt. Ein Junge warnt ihn davor, sich dem Schloss zu nähern, gerät jedoch im nächsten Moment unter die Hufe der Pferde der zuvor gesehenen Kutsche. Sie gehört Sibila, der Schlossherrin. Zusammen mit Diener Bartolomeo bringen Sibila und Ivan den leblosen Körper des Jungen zum Schloss, wo Ivan erfährt, dass Sibila dort ganz alleine mit ihrem Diener lebt und ihres mysteriösen verstorbenen Ehemanns gedenkt. Und wieder hört Ivan geheimnisvolle, ihn betörende Musikklänge, welche Sibila als "Musik der Jungfrau" bezeichnet. Welch Geheimnis verbirgt sich dahinter? Sibila lässt ihren Gast, der sich schnell in sie verliebt, darüber im Dunkeln.
"Devičanska svirka" oder "The Virgin's Music" (auch: "Maidenly Music", "Song of Virgins", "A Virgin's Song", "A Maiden's Music") gehörte wie der mittlerweile bekanntere Geheimtip "Leptirica" zu einer fünfteiligen Reihe von TV-Horrorfilmen des jugoslawischen Staatsfernsehens "Radiotelevizija Beograd" (weitere Titel der Reihe siehe unter dem Eintrag von "Leptirica"). In melancholischen, wohl aus Gründen der Atmosphäre ganz in Schwarzweiss gehaltenen Bildern erzählt Regisseur Djordje Kadijevic ("Leptirica", 1973; "A Holy Place"/"Sveto mesto", 1990) seine Schauermär, die — man ahnt es bereits — für ihren Protagonisten ein wenig befriedigendes Ende nehmen wird. Hauptdarstellerin Olivera Katarina ("Hexen bis auf's Blut gequält", 1970) mimt (mit riesigem Dekolleté) perfekt die geheimnisvolle, längst dem Wahnsinn anheim gefallene Verführerin. Der Film schlägt ein äusserst gemächliches Tempo ein und lebt fast ausschliesslich von seiner Stimmung, denn die Geschichte bleibt (auch angesichts der kurzen Laufzeit von lediglich 57 Minuten) doch sehr arm an Substanz.



Aquanauten
Originaltitel: Akvanavty  (Акванавты)
Produktion: Sowjetunion, 1979 
(Farbe)
Gorky Film Studios
Regie: Igor Voznesensky.
Cast: German Poloskov, Aleksandr Yakovlev, Iren Azer, Vatslav Dvorzhetsky, Paul Butkevich, Arnis Licitis, Yelena Valayeva, Nikolai Kryukov, Yuri Sarantsev, Artyom Karapetyan, Vladimir Nikitin.
76 Minuten (PAL)
Aquanauten sind Menschen, die unter einem speziellen Programm trainiert werden, für aussergewöhnlich lange Zeit unter Wasser bleiben und sehr tief tauchen zu können. Aquanaut Igor Sobolev verliebt sich in die schöne Lotta Kerom, deren Motorrad am Strassenrand den Geist aufgegeben hat. Er will sie heiraten, doch Lotta stirbt bei einem Verkehrsunfall, als Igor im Dienst ist. Des Lebens müde, meldet er sich für einen gefährlichen Unterwassereinsatz auf einer Aquanautenstation, von der ein Besatzungsmitglied spurlos verschwunden ist. Bald taucht wiederholt und an den scheinbar unmöglichsten Orten das Wort "Lotta" auf, derweil ein riesiger und ausserordentlich intelligenter Königsrochen die Unterwasserstation aufsucht. 
Ungewöhnlicher Science-fiction-Film mit Liebesgeschichte aus der Sowjetunion nach einem Roman des Schriftstellers Sergei Pavlov. Der Film baut eine interessante Prämisse auf, mit der die Auflösung leider nicht wirklich ganz Schritt halten kann. Ein entdeckenswertes Kontrastprogramm zum überwiegend amerikanischen Genre-Angebot ist "Aquanauten" jedoch alleweil — auch die sowjetischen Filmen immer wieder gerne angedichtete politische Propaganda ist hier nicht zu finden.



Die wilde Jagd des König Stach
Originaltitel: Dikaya okhota korolya Stakha  (Дикая охота короля Стаха)
Produktion: Sowjetunion, 1979 
(Farbe)
Belarusfilm/Satra/Sovexportfilm
Regie: Valeri Rubinchik.
Cast: Boris Plotnikov, Elena Dimitrova, Igor Klass, Aleksandr Kharitonov, Boris Khmelnitsky, Albert Filozov, Valentina Shendrikova, Roman Filippov, Vladimir Fyodorov.
105 Minuten (NTSC)
Im Norden Weissrusslands gerät ein angehender junger Gelehrter an "König Stachs wilde Jagd", eine Legende um einen hinterrücks ermordeten König, dessen Erbe auch im ausklingenden 19. Jahrhundert noch zahlreiche Blutopfer zu fordern scheint.
Regisseur Valeri Rubinchik ("Der Doppelgänger"/"Otstupnik", 1987) inszenierte mit "Die wilde Jagd des König Stach" (auch: "König Stachs wilde Jagd") der wenigen, wenigen Filme aus der Sowjetunion (Belarusfilm, Weissrussland) mit signifikantem Horrorfilm-Anteil, mit sehr atmosphärischem Ambiente durch die stimmigen Aufnahmen eines ausgedehnten, in Nebel gehüllten Moores und einem gotischen Schloss als Hauptschauplätzen.






Vlad der Pfähler — Oder Das wahre Leben des Dracula
Originaltitel: Vlad Tepes
Produktion: Rumänien, 1979 (Farbe)
Romania Film
Regie: Doru Nastase.
Cast: Stefan Sileanu, Ferenc Fábián, Emanoil Petrut, Alexandru Repan, Ernest Maftei, George Constantin, Teofil Valcu, Constantin Codrescu, Constantin Barbulescu, Vasile Cosman, Ion Marinescu, György Kovács.
131 Minuten (PAL)
Im Jahr 1456, kurz nachdem der ungarische Regent Johann Hunyadi in Serbien eine siegreiche Schlacht gegen die Türken schlug, dabei jedoch an der Pest verstarb, wird Vlad III. Draculea zum zweiten Mal Woiwode (Fürst) des Fürstentums Walachei, eines Vorgänger-Staates des heutigen Rumäniens. Sein Hauptziel gilt fortan der Aufgabe, die heruntergekommene und verarmte Walachei wieder zu dem wohlhabenden Land zu machen, das es unter seinem Grossvater Mircea der Ältere einst war, sowie die Unabhängigkeit des Landes zu bewahren. Er will Verbrechen von Grund auf ausrotten und führt drakonische Strafen für Diebe, Wegelagerer und ähnliches Gesindel ein, die er auf Holzpfähle aufspiessen lässt, was ihm den Übernahmen "Vlad der Pfähler" (rumänisch: "Vlad Tepes") einbringt. Seine Feinde fürchten ihn bald für seine Grausamkeit, die zum Teil allerdings bewusst übertrieben wird. Unterdessen richtet der osmanische Herrscher Sultan Mehmed II. nach dem Fall der Stadt Konstantinopel sein Augenmerk auf neue Gebiete, die er zu erobern gedenkt. Er lässt sein Heer entlang der Donau aufmarschieren, um in die Walachei einzumarschieren und die Islamisierung Europas voranzutreiben. Vlad stellt sich ihm mit zahlenmässig deutlich unterlegenem Heer, doch auch mit List und Tücke entgegen.  
Dieser monumentale rumänische Film von 1979 gibt vor, die wahre Geschichte von Vlad Tepes, genannt "Draculea" beziehungsweise "Dracula" ("Sohn des Drachen"), zu erzählen. Regisseur Doru Nastase konzentriert sich dabei auf die zweite und längste der drei Regierungszeiten Vlads, die von 1456-1462 andauerte. Vlad war die Figur, die den irischen Schriftsteller Bram Stoker zum Hauptprotagonisten seines 1897 erschienen Romans  "Dracula" inspiriert haben soll (andere Quellen nennen die ungarische Gräfin Elisabeth Báthory als weitere Inspiration). In Rumänien schon seit alters her ein Mythos, wurde er unter dem Diktator Nicolae Ceausescu, der Vlad verehrt und zu seinem eignen Vorbild erklärt haben soll, endgültig zum rumänischen Volkshelden stilisiert. Cesausescu soll auch diesen Film in Auftrag gegeben haben, der Vlads Wirken zwar in Schlüsselszenen beschönigend darstellen soll, doch insgesamt wohl schon recht nahe auf die historischen Begebenheiten Bezug nimmt. Hauptdarsteller Stefan Sileanu war eine perfekte Besetzung für Vlad, markierte hier eine hohe Leinwandpräsenz und glich vor allem auch den historischen Darstellungen Vlads fast bis aufs Haar. Bedenkt man, wann und wo dieser Film entstand, so staunt man über den ziemlich gewaltigen Aufwand, der hier betrieben wurde. Trotz dem Propaganda-Faktor eine (mit Abstrichen) interessante, aufgrund des Aufwands noch heute beeindruckende Geschichtsstunde.



Der Hund von Baskerville
Originaltitel: Priklyucheniya Sherloka Kholmsa i Doktora Vatsona: Sobaka Baskervilej  (Приключения Шерлока Холмса и доктора Ватсона: Собака Баскервилей)
Produktion: Sowjetunion, 1981 
(Farbe)
Lenfilm Studio/Gosteleradio
Regie: Igor Maslennikov.
Cast: Vasili Livanov, Vitali Solomin, Rina Zelyonaya, Irina Kupchenko, Nikita Mikhalkov, Alla Demidova, Svetlana Kryuchkova, Aleksandr Adabashyan, Borislav Brondukov, Sergei Martinson, Yevgeni Steblov, Oleg Yankovskiy, Oleg Belov.
143 Minuten (PAL)
Der aufgeregte junge Arzt Dr. Mortimer aus Devonshire taucht an der Londoner Baker Street auf, um den berühmten Detektiv Sherlock Holmes in der Sache eines seltsamen Todesfalls um Rat zu fragen. Sir Charles Baskerville, ein Freund Mortimers, starb auf ungeklärte Weise nahe seinem Anwesen in den Sümpfen von Dartmoor. Einer alten Legende nach lastet ein Fluch auf der Familie der Baskervilles, wonach ein Höllenhund alle Nachfahren des berüchtigten Sir Hugo Baskerville tötet. Und tatsächlich: In der Nähe von Sir Charles' Leiche fand Mortimer die Fussspuren eines riesigen Hundes. Sherlock Holmes und Dr. Watson reisen nach Devonshire, um sich des Falles anzunehmen und den Erben und letzten lebenden Baskerville, den eben aus Kanada angereisten Sir Henry, zu beschützen. Droht auch ihm ein schreckliches Ende? Und was haben die seltsamen Bewohner der Sumpflandschaft mit der Geschichte des Höllenhunds zu tun?
"Der Hund von Baskerville" war der dritte von fünf "Sherlock-Holmes"-TV-Filmen, die der Regisseur Igor Maslennikov für das sowjetische Fernsehen drehte, und gilt weitherum als der beste Film der Reihe. Vasili Livanov ("Das Rätsel der schwarzen Flecke") und Vitali Solomin (Holmes respektive Watson) geben das berühmte Detektiv-Duo auf famose Weise, vor allem Livanovs Auftritte sind von gelungenem Humor begleitet. Der sowohl als TV-Zweiteiler wie auch als eigenständiger Spielfilm aufgeführte Film ist dank seiner gegenüber den meisten anderen Verfilmungen des berühmten Romans von Sir Arthur Conan Doyle längeren Laufzeit und der damit einhergehenden, grösseren Nähe zur literarischen Vorlage auch als eine der gelungensten "Baskerville"-Filmversionen anzusehen. Zudem punktet die Produktion mit exzellent gewählten, stimmigen Aussenaufnahmen der Sumpf- und Moorlandschaft, in der das Geschehen spielt. Der Film sieht tatsächlich so gut aus, dass man kaum glauben mag, dass er für das Fernsehen entstand. Lob gab es von höchster Stelle: Margaret Thatcher, die damalige Premierministerin Grossbritanniens, nannte dies den besten Sherlock-Holmes-Film, den sie je gesehen hatte, und Regisseur Maslennikov erhielt trotz "kaltem Krieg" einen lobenden Brief von Sir Arthur Conan Doyles Tochter. Kritikpunkte von diesem Seher: Nikita Mikhalkov mag ein vielgepriesener Schauspieler sein, aber als Sir Henry ist er fehlbesetzt; auch hat der Film bei 143 Minuten Laufzeit doch einige Längen.




Der Vampir aus dem Ferat
Originaltitel: Upír z Feratu
Produktion: Tschechoslowakei, 1981 
(Farbe)
Filmové Studio Barrandov
Regie: Juraj Herz.
Cast: Jirí Menzel, Dagmar Veskrnová (Dagmar Havlová), Jana Brezková, Petr Cepek, Jan Schmid, Zdenka Procházková, Blanka Waleská, Zdenek Ornest, Ilja Racek, Vít Olmer, Michal Pavlata, Eva Horanková.
90 Minuten (PAL)
Der Notarzt Dr. Marek und seine Assistentin Mima geraten bei einem Einsatz in eine Verfolgungsjagd mit einem schwarzen Rennwagen des Typs "Ferat Vampir". Wie sich herausstellt, wurden sie von der Test-Rennfahrerin ebendieses Wagens um Hilfe gerufen, denn seit sie hinter dem Steuer sass, fühlte sie sich schwach und ausgelaugt. Zu Dr. Mareks Unverständnis unterschreibt nun seine Assistentin Mima als Testfahrerin für den Auto-Hersteller Ferat. Das revolutionäre Fahrzeug, das angeblich kein Benzin benötigt und niemals tanken muss, erweckt seinen Argwohn. Fährt der "Ferat Vampir" mit menschlichem Blut anstelle von Benzin?
"Der Vampir aus dem Ferat", auch bekannt als "Der Autovampir", ist ein kultverdächtiger tschechoslowakischer Horrorfilm von 1981 mit ungewöhnlicher Story und Elementen von Satire, Schwarzer Komödie und Science-fiction. Inszeniert wurde der Film vom auch anderweitig im fantastischen Film bewanderten Regisseur Juraj Herz ("Der Leichenverbrenner", 1968; "Die Schöne und das Ungeheuer", 1978). Der Originaltitel "Upír z Feratu" sowie der Name des Autos im Film sind natürlich Anspielungen/Hommage an "upír Nosferatu" (übersetzt: "Vampir Nosferatu"). Der im Film verwendete, rassige Sportwagen namens "Ferat Vampire" war ein 
Škoda-Prototyp namens "Škoda 110 Super Sport Typ 724", in Anlehnung an den Film auch als "Škoda Super Sport 'Ferat Vampir RSR'" bezeichnet. Kritiker wollten in diesem Film nach einem Roman namens "Vampir Ltd." des tschechischen Science-fiction-Autors Josef Nesvadba Kritik am Kapitalismus ausgemacht haben; Hauptdarstellerin Dagmar Veskrnová (heute Dagmar Havlová) war von 1997 bis 2011 mit dem ehemaligen tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel verheiratet.



Krieg der Welten — Das nächste Jahrhundert
Originaltitel: Wojna 
światów — Następne stulecie
Produktion: Polen, 1981 (Farbe)
Zespól Filmowy "Perspektywa"
Regie: Piotr Szulkin.
Cast: Roman Wilhelmi, Krystyna Janda, Mariusz Dmochowski, Jerzy Stuhr, Marek Walczewski, Bozena Dykiel, Joanna Zólkowska, Wieslaw Drzewicz, Stanislaw Gawlik.
93 Minuten (PAL)

Kurz vor dem Anbruch des neuen Jahrtausends landen Marsmenschen auf der Erde, wo sie in kurzer Zeit eine totalitäre Gesellschaftsordnung implementieren und die Menschen dazu "anhalten", Blut für sie zu spenden. Der bis anhin beliebte TV-Moderator Iron Idem muss am eigenen Leib erfahren, dass er bei seiner Berichterstattung nicht mehr frei ist, landet bald auf der Strasse und schliesslich vor einem Erschiessungskommando.
Diese polnische Version vom "Krieg der Welten" ist mehr Orson Welles und George Orwell als H. G. Wells geschuldet und nutzt die Geschichte mit den Marsianern, kleinwüchsigen, grünhäutigen Kerlen in silbern glänzenden Jacken, als Aufhänger, um den paranoiden sozialistischen Überwachungsstaat zu kritisieren. Dies tut der Film so offensichtlich, dass es schon sehr erstaunt, dass so etwas 1981 in Polen gedreht werden konnte. Spezialeffekte hier leider gleich Null, etwas "Stock Footage" von NASA-Raketen ist bereits das höchste der Gefühle, dies ward auch nicht als Unterhaltungsfilm gemacht, daher ist dieser düstere und triste Film des Regisseurs Piotr Szulkin SF-Fans nur bedingt ans Herz zu legen.




Variola Vera
Originaltitel: Variola vera
Produktion: Jugoslawien, 1981 
(Farbe)
Art Film 80/Croatia Film
Regie: Goran Markovic.
Cast: Rade Serbedzija, Erland Josephson, Dusica Zegarac, Varia Djukic, Rade Markovic, Vladislava Milosavljevic, Peter Carsten, Aleksandar Bercek, Radmila Zivkovic.
104 Minuten (PAL)
Auf einem Markt im Nahen Osten kauft ein kosovo-albanischer Pilger eine Flöte. Bald nach seiner Rückkehr nach Jugoslawien wird er ins Belgrader Stadt-Krankenhaus eingeliefert, wo man fatalerweise eine falsche Diagnose stellt. Der Mann bekommt die Pocken, beginnt Blut zu husten und stirbt kurz darauf — nicht ohne diverse weitere Patienten und Spital-Personal infiziert zu haben. Eine weitere Untersuchung bringt an den Tag, dass der Mann sich im Nahen Osten mit dem "Variola-Vera"-Virus (Pocken) angesteckt und dieses eingeschleppt hat. Mehr und mehr Menschen zeigen Symptome der gefährlichen Krankheit, die Todesfälle häufen sich. Die Behörden lassen darauf das Krankenhaus unter Quarantäne stellen, die Politik schaltet die Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) ein.
Der jugoslawische Film "Variola Vera" basiert auf dem Ausbruch einer Infektion mit den gleichnamigen Viren, die ein muslimischer Pilger 1972 aus dem Nahen Osten mitbrachte und die in Belgrad und im Kosovo 175 Menschen infizierte, wobei 35 Todesopfer zu beklagen waren. Es war der letzte bekannte Fall eines Pocken-Ausbruchs in Europa; die Epidemie konnte schliesslich durch Quarantäne-Massnahmen und vorbeugende Impfungen gestoppt werden. Regisseur Goran Markovic bediente sich für diese unheimliche und blutige, auf damaligen Tatsachen basierende Verfilmung auch deutlich einschlägiger Elemente des Horrorfilms und des "Exploitation"-Kinos, was den Eindruck eines gelungenen Werks jedoch nicht bzw. höchstens marginal trübt; vielmehr war dies schlicht notwendig, um die Geschichte realitätsnah auf Zelluloid zu bannen. Die im Hintergrund zumeist präsente musikalische Untermalung sorgt unterschwellig für ein beklemmendes Gefühl permanenter Bedrohung, die triste Atmosphäre wird durch die monotonen, trostlosen Spitalgänge und -Zimmer, in denen sich die Handlung in der Regel abspielt, unterstrichen. Aufgrund seiner Thematik ist dieser Film sicher nichts für ein zart besaitetes Publikum; da er bis heute nur in serbisch zu sehen und in der internationalen Kino-Landschaft praktisch vollkommen unbekannt ist, dürften ihn auch nur wenige zu sehen bekommen. Das ist schade, denn "Variola Vera" gilt heute mancherorten als quintessentieller serbischer Horrorfilm, eine Reputation, die er sich — vielleicht — mit dem ebenfalls sträflich unbekannten, sehr gelungenen TV-Vampirfilm "Leptirica" (1973) teilt. Regisseur Markovic kehrte 1987 mit dem Film "Već viđeno" ("Reflections") zum Horror-Genre zurück.



Die Wölfin
Originaltitel: Wilczyca
Produktion: Polen, 1982 (Farbe)
Zespól Filmowy "Silesia"
Regie: Marek Piestrak.
Cast: Krzysztof Jasinski, Iwona Bielska, Stanislaw Brejdygant, Olgierd Lukaszewicz, Henryk Machalica, Leon Niemczyk, Jerzy Prazmowski, Hanna Stankówna, Andrzej Bielski, Jan Blecki.
98 Minuten (PAL)
Polen, zu Zeiten der Wirren des 19. Jahrhunderts. Der polnische Kämpfer und Patriot Kacper Wosinski kehrt zu seinem Hof zurück, wo seine Frau Maryna im Sterben liegt. Auf dem Totenbett verflucht sie ihn und droht ihm damit, als Wolf zurückzukehren und ihn zu töten. Wosinskis Bruder Mateusz, der in Maryna eine "Hexe" sah, treibt einen hölzernen Pfahl durch ihren Leichnam, um ihren Geist zu bannen. Wosinski verlässt seinen Hof, um seinen Herrn, den Grafen Ludwik, nach Ungarn zu eskortieren, damit dieser den herannahenden Husaren in Diensten der Preussen entkommen kann. Bereits auf dem Weg begegnet er dem Geist seiner verstorbenen Frau im Moor. Er fasst zudem den Auftrag, Julia, die schöne Frau des Grafen, und dessen Anwesen zu beaufsichtigen. Doch Julia hat bereits ein Verhältnis mit dem Husarenführer Otto von Fürstenberg. Zudem verändert sich ihre Persönlichkeit. Als Wosinski im Wald eine grosse Wölfin anschiesst, findet er am Ende ihrer Fährte eine blutende Julia vor.
"Wilczyca" ("She-Wolf") oder "Die Wölfin" darf als einer der besten aller "Werwolf"-Filme gelten. Zwar ist er bisweilen etwas gar gemächlich inszeniert und verfügten die polnischen Filmemacher des Filmstudios
Zespól Filmowy "Silesia" ("Das Sanatorium zur Todesanzeige", 1973) über keinen Rob Bottin ("Das Tier", 1980) oder Rick Baker ("American Werewolf", 1981) und deren spektakuläre Make-Up- und Verwandlungseffekte, doch dies macht der Film mit exzellenter Fotografie (Janusz Pawlowski), starker Atmosphäre und perfekter Filmmusik (Jerzy Matula) spielend wett — vom stimmigen Setting ganz zu schweigen. Hier wabern Nebel, geistern weissgewandete Frauen durch nächtliche Moore, werden Silberkugeln geschmiedet — es wird mit Särgen hantiert und die Szenerie des 19. Jahrhunderts mit seiner abergläubischen Landbevölkerung rückt die Glaubhaftigkeit der Geschichte bedrohlich nahe. Neben etwas Erotik (v. a. dank einer unwiderstehlichen Iwona Bielska; "Der silberne Planet", 1978) gibt es im überraschenden Finale auch einige erstaunlich blutige Effekte zu bewundern. 1990 inszenierte Regisseur Marek Piestrak ("Testflug zum Saturn", 1978; "Der Fluch des Schlangentals", 1987) eine Fortsetzung namens "Powrót wilczycy" ("The Return of the Wolf Woman"). Zusammen mit dem recht ähnlich inszenierten "Lokis" (1970) gehört "Wilczyca" (1982) zu den Klassikern des polnischen (und des gesamten osteuropäischen) Horror-Kinos. Schade, dass diese Filme so gut wie niemand ausserhalb ihres Herkunftslandes zu Gesicht bekommt, da sie eben nicht aus den USA stammen.



Das Rätsel der schwarzen Flecke
Originaltitel: Lunnaya raduga  (Лунная радуга)
Produktion: Sowjetunion, 1983 
(Farbe)
Kinostudiya Mosfilm/The First Creative Union
Regie: Andrei Yermash (& V. Karpichhyov).
Cast: Vladimir Gostyukhin, Vasili Livanov, Yuri Solomin, Igor Starygin, Vladimir Kenigson, Georgi Taratorkin, Natalya Sayko, Grazhina Baikshtite, Aleksandr Porokhovshchikov, Gediminas Girdvainis, Boris Ivanov, Leonid Nevedomsky.
85 Minuten (PAL)
Eine Expertenkommission versucht das Schicksal vierer traumatisierter Kosmonauten zu ergründen, die auf Weltraummissionen auf unbekannte Weise übernatürliche Kräfte erlangten, die sich unter anderem in zerstörerischen schwarzen Flecken äussern. Ihre Reisen führten sie etwa zum zweitgrössten Uranus-Mond Oberon oder zum Planeten Merkur. Jedoch verhalten sich die vier alles andere als kooperativ.
Ein vollkommen vergessener Science-fiction-Film aus dem russischen Mosfilm-Studio, bei dem die sowjetischen Spezialeffekte-Techniker richtig auftrumpfen durften mit Raumschiffen, planetaren Weltraum-Basen, Lasergefechten und elektrischen Stürmen. Kaum zu glauben, wie derart aufwendige Filme zu solcher Obskurität verdammt werden können. Die Hauptrollen in der allerdings nicht ganz einfach zugänglichen Geschichte nach einem Roman von Sergei Pavlov ("Aquanauten", 1979) spielten Vladimir Gostyukhin, Vasili Livanov und Yuri Solomin. Ein Film, der eine Wiederentdeckung verdient hätte. Im deutschen Sprachraum seinerzeit auch unter dem Titel "Mondscheinbogen" gezeigt.




The Phantom
Originaltitel: Widziad
ło
Produktion: Polen, 1983 
(Farbe)
Zespól Filmowy "Perspektywa"
Regie: Marek Nowicki.
Cast: Roman Wilhelmi, Marzena Trybala, Hanna Mikuc, Mariusz Benoit, Monika Braun, Mariusz Dmochowski, Anna Chodakowska, Olgierd Lukaszewicz, Dorota Kwiatkowska, Maciej Mazurkiewicz, Jacek Kalucki, Ryszard Pracz, Iga Cembrzynska.
95 Minuten (PAL)

Polen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Nobelmann Piotr Strumienski wird von gespenstischen Erinnerungen an seine frühere Frau Angelika verfolgt. Die Schönheit mit "flammenden roten Haaren", wie er in Erinnerungen schwelgt, ertrank in einem Brunnen. Ihr zu Ehren hat Piotr eine Kapelle zu einer Art Mausoleum umgestaltet, in dem er im Gedenken an sie Erinnerungsstücke aus ihrer gemeinsamen Zeit aufbewahrt — ihre erotischen Gemälde und ein von ihr geschriebenes und illustriertes "Buch der Liebe". Sehr zur Irritation seiner neuen Frau, der blonden Sandra, die ihm schon drei Kinder geboren hat, will er ihr das Innere der Kapelle nicht zeigen. In Tag- und Alpträumen erscheint ihm jedoch immer wieder, einem Phantom gleich, Angelika. Ist es nur sein schlechtes Gewissen, oder wird Piotr von einem Geist verfolgt?
Der polnische Film "Widziadlo" erzählt eine melancholische, erotische Geistergeschichte, wobei offen bleibt, ob der Spuk sich nur in der Psyche des Hauptprotagonisten abspielt oder ob er doch "real" ist. Marek Nowickis Film ist etwas dünn an Substanz, wie dies ach so oft der Fall ist bei Genrefilmen, kaschiert dieses Manko jedoch durch eine dichte Atmosphäre und malerische, bisweilen erstaunlich freizügige Bilder. Dorota Kwiatkowska (Angelika), Monika Braun (Bauernmädchen) und Anna Chodakowska (Berestajka) lassen alle die Hüllen fallen. Hauptdarsteller Roman Wilhelmi (Piotr) spielte auch in anderen fantastischen Filmen Polens wie "Krieg der Welten — Das nächste Jahrhundert" (1981) oder "Der Fluch des Schlangentals" (1987) mit, Marzena Trybala (Sandra) war 1990 in "Powrót wilczycy" ("The Return of the Wolf Woman") zu sehen. "Widziadlo" ist durchaus ein Geheimtipp — wer gerne osteuropäische Horrorfilme sieht, sollte den Film in seine Kollektion einreihen.




Sara's Haus
Originaltitel: Dom Sary
Produktion: Polen, 1984 
(Farbe)
Telewizja Polska (TVP)/Zespól Filmowy "Oko"
Regie: Zygmunt Lech.
Cast: Hanna Balinska, Eugeniusz Kujawski, Zdzislaw Kuzniar, Miroslaw Krawczyk, Danuta Balicka-Satanowska, Wiktor Grotowicz, Marek Idzinski, Jerzy Kozlowski, Joanna Ladynska, A. Lopata, Tadeusz Skorulski.
64 Minuten (PAL)

Polen, nahe der Jahrhundertwende (19./20. Jahrhundert). Der junge Kamil geht bei einem Jagdausflug verloren. Wenig später taucht er, völlig entkräftet und nur noch ein Schatten seiner selbst, wieder auf. Er erzählt seinem Freund, Doktor Wiktor Stefanski, von einer mysteriösen, wunderschönen Frau namens Sara Braga, die seine Geliebte sei. Doch nach jeder wundervollen Nacht mit dieser entweiche mehr Lebenskraft von ihm. Stefanski lernt Sara und ihren unheimlichen Diener Juliusz kennen, die in einem abgeschiedenen Haus in einer finsteren Landschaft leben. Sara hat nach Kamils Ableben Wiktor als neuen Liebhaber auserkoren — doch der findet rechtzeitig heraus, dass sie ein Sukkubus ist — und ihr Diener tatsächlich der Dämon Asmodeus
Ein polnischer TV-Horrorfilm von 1984 (seine Premiere fand jedoch erst 1987 statt) nach einer Kurzgeschichte des polnischen Phantastik-Autors Stefan Grabinski (1887-1936). Wirkungsvoll und düster umgesetzt, mit etwas Erotik, stimmigen Kulissen und gar etwas Gore; mit Hanna Balinska als Sara und Eugeniusz Kujawski als Wiktor überzeugend besetzt. Selten gesehen und insbesondere ausserhalb seines Herkunftslands nahezu völlig unbekannt.



Strangler Vs. Strangler
Originaltitel: Davitelj protiv davitelja  (Давитељ против давитеља)
Produktion: Jugoslawien, 1984 (Farbe)
Centar Film
Regie: Slobodan Sijan.
Cast: Tasko Nacic, Nikola Simic, Srdjan Saper, Rahela Ferari, Sonja Savic, Radmila Savicevic, María Baxa, Pavle Mincic, Zika Milenkovic, Branislav Zeremski, Dragana Ciric, Dijana Sporcic, Jelisaveta Sablic.
95 Minuten (NTSC)
Belgrad, 1984: Der Nelkenverkäufer Pera Mitic, ein 48-jähriger 120-Kilo-Mann mit Ödipus-Komplex, der zusammen mit seiner Mutter in einem heruntergekommenen Haus lebt, wird zum Frauenmörder und ersten bekannten Serienkiller der jugoslawischen Hauptstadt. Weil seine Mutter ihn bestraft, wenn er nicht genug Nelken los wird, entwickelt er einen Hass auf junge Frauen, welche seine Blumen nicht annehmen wollen. Der nervöse und wenig effiziente Polizeiinspektor Ognjen Strahinjic, dessen Auftritte allerdings stets deutlich mehr Schaden und Chaos hinterlassen, als der Mörder dazu imstande gewesen wäre, wird auf selbigen angesetzt, derweil des Mörders Taten durch die Medien grosse Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Während sich die Leichen stapeln, widmet der populäre, doch labile Rockmusiker Spiridon Kopicl dem Mörder einen Song, der zu einem landesweiten Hit wird. Tatsächlich hegt er Aspirationen, es diesem gleichzutun und die schöne Radiomoderatorin Sofija zu strangulieren. Mitic kommt ihm dabei jedoch um Haaresbreite zuvor, und Kopicl wird im Anschluss an dessen missglückten Mordversuch, bei dem Mitic ein Ohr verliert, unverhofft als ihr Retter gefeiert. Dies bringt ihm die Heirat mit Sofija und einen unausweichlichen "Showdown" mit Mitic ein.
"Davitelj protiv davitelja" aus dem ehemaligen Jugoslawien ist ein gelungener Horror-Thriller voll mit rabenschwarzem Humor (eine zentrale Aussage des Films ist, dass eine Grossstadt quasi ihren "eigenen" Serienkiller "braucht", um als "Metropole" gelten zu können) und wäre definitiv ein Film mit einem gewissen Kult-Potential, jedoch ist er ausserhalb Serbiens, Kroatiens und einiger anderer Länder des vormaligen Jugoslawiens nahezu vollkommen unbekannt. Einzig in Japan wurde der Film 1987 auf VHS-Video veröffentlicht. Tasko Nacic (1934-1993), der hier den Mörder spielt, war ein populärer serbischer Komiker und Schauspieler, ebenfalls eine bekannte Schauspielerin war in ihrer Heimat Sonja Savic (in der Rolle der "Sofija"), die 2008 im Alter von 47 Jahren in Belgrad an einer Drogen-Überdosis verstarb.



Medium
Originaltitel: Medium
Produktion: Polen/Deutschland, 1985 
(Farbe)
P.P. Film Polski/Zespól Filmowy "Tor"/Regina Ziegler Filmproduktion
Regie: Jacek Koprowicz.
Cast: Wladyslaw Kowalski, Michal Bajor, Jerzy Zelnik, Jerzy Stuhr, Grazyna Szapolowska, Jerzy Nowak, Ewa Dalkowska, Piotr Machalica, Ewa Kasprzyk, Henryk Bista, Zygmunt Zintel, Witold Debicki, Jan Twardowski.
89 Minuten (PAL)
Die Stadt Sopot (Zoppot) an der Ostsee, Nordpolen, im Jahr 1933; kurz nach der Machtergreifung Adolf Hitlers. Diverse Menschen werden durch unerklärbare Kräfte beeinflusst. So findet sich der Polizeikommissar Selin in einem Weidenkorb am Strand der Ostsee und weiss nicht, wie er dorthin gelangte; der Warschauer Gaszewski nimmt die Reise nach Zoppot auf sich, ohne zu wissen, weshalb. Lehrerin Nauczycielka Luiza Skubiejska verlässt ihre Klasse während des Unterrichts, während die Parapsychologin Greta Wagner bei einer Séance Feuer fängt. Selin und der junge Aspirant Krank (im Auftrag der Nazis) wollen den Geschehnissen auf den Grund gehen und stossen auf einen Mordfall, der auf das Jahr 1897 zurückgeht.
Relativ komplexer und anspruchsvoller polnischer Mystery- und Okkult-Horrorfilm des Regisseurs Jacek Koprowicz, der auch privat ein Faible für Fotografie und Parapsychologie haben soll (und diesem Subgenre auch mit jüngeren Filmen wie "Alchemik" von 1989 oder "Mystification" von 2010 treu bleiben sollte). "Medium" dürfte selbst in untertitelter Fassung eine Herausforderung darstellen, hier lag gar nur eine Version in der Originalsprache ohne Untertitel vor. Interessant und gelegentlich atmosphärisch, mit gelungener musikalischer Begleitung des Komponisten Krzesimir Dębski, aufgeführt vom philarmonischen Orchester von Posen (Poznań), aufgrund der Sprachbarriere in dieser Form jedoch eher schwer durchzusitzen. Der Film wurde in Sopot (Zoppot), Gdańsk (Danzig) und Westberlin aufgenommen und verzeichnete 1985 in Polen über eine halbe Million Kinozuschauer. Gepflegtes Kino des Schreckens für Intellektuelle, weitgehend typisch für polnische Fantastik dieser Zeit.





Wenn Vampire lieben
Originaltitel: Lubi
ę nietoperze
Produktion: Polen, 1985 (Farbe)
Zespól Filmowy "Perspektywa"
Regie: Grzegorz Warchol.
Cast: 
Katarzyna Walter, Marek Barbasiewicz, Malgorzata Lorentowicz, Jonasz Kofta, Edwin Petrykat, Jan Prochyra, Andrzej Grabarczyk, Wiktor Grotowicz, Elzbieta Panas, Slawomir Kozlowski, Tadeusz Skorulski.
77 Minuten (PAL)
Izabela arbeitet zusammen mit ihrer Tante in einem Antiquitäten- und "Spezialitäten"-Geschäft, doch die junge Frau umgibt ein bizarres Geheimnis: Sie ist ein Vampir. Nachts betreibt sie die Fütterung und Aufzucht von Fledermäusen und verführt ahnungslose Opfer, um sie auszusaugen. Dann verliebt sie sich in Professor Rudolf Jung, den Leiter einer psychiatrischen Klinik. Sie lässt sich bei ihm einweisen in der ehrlichen Hoffnung, dass er sie von ihrem Fluch befreien kann. Dies kostet zwar den dortigen Gärtner das Leben, doch wahre Liebe scheint den Vampir in Izabela schliesslich zu bannen: Nach einer Liebesnacht mit dem Professor, welcher seinerseits eine Zuneigung für sie entwickelt hat, kann sie erstmals ihr eigenes Spiegelbild betrachten. Doch was geschieht mit ihren zukünftigen Kindern? 
Ungewöhnlicher Vampirfilm aus Polen, der im August 1988 über die Kinos der DDR in den deutschen Sprachraum gelangte, ansonsten aber zumindest diesseits des ehemaligen "Eisernen Vorhangs" einen sehr geringen Bekanntheitsgrad aufweist. Für Regisseur Grzegorz Warchol blieb dies offenbar der einzige Kinofilm als Regisseur, er arbeitete später vermehrt für das Fernsehen sowie als Schauspieler vor der Kamera. "I Like Bats", so der englische Titel, mischt Drama und komödiantische Szenen und erinnert von seiner Atmosphäre her vielleicht am ehesten an den tschechischen "Der Vampir aus dem Ferat" (Upír z Feratu, 1981) — oder an Tony Scotts "Begierde" ("The Hunger", 1983) mit Catherine Deneuve, wenn denn ein "westlicher" Film zum Vergleich herangezogen werden soll. Wie diverse andere polnische Horrorfilme der 1980er Jahre (etwa "Die Wölfin"/"Wilczyca", 1982; "The Phantom"/"Widziadlo", 1983; "Sara's Haus"/"Dom Sary", 1984; "Medium", 1985) sprang auch "Lubie nietoperze" mit seiner freizügigen Hauptdarstellerin Katarzyna Walter auf den Trend auf, diverse erotische Szenen zu zeigen. Gewohnt undifferenziert, obligatorisch genre-feindlich und, um bei ihren eigenen Worten zu bleiben, dilettantisch und plump, fiel damals die deutsche Filmkritik aus: "Ein dilettantisch inszenierter Gruselfilm mit einigen plumpen Erotikeinlagen."



Reflections
Originaltitel: Već viđeno  /  Déjà vu
Produktion: Jugoslawien/England, 1987 (Farbe)
Art Film 80/Croatia Film/Avala Film/Smart Egg Pictures
Regie: Goran Markovic.
Cast: Mustafa Nadarevic, Anica Dobra, Milorad Mandic, Bogdan Diklic, Dusan Kostovski, Gordana Gadzic, Vladimir Jevtovic, Petar Bozovic, Mihajlo-Bata Paskaljevic, Vesna Trivalic, Olivera Markovic, Ratko Tankosic.
98 Minuten (PAL)
Jugoslawien im Jahr 1971. Der schüchterne und wenig auffällige Klavierlehrer Mihailo hat mehr Probleme, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Nicht zuletzt deshalb ist die Überraschung gross, als die hübsche neue Tanzlehrerin Olgica, auf die sich schnell diverse begehrliche Blicke richten, sich ausgerechnet mit dem alternden Biedermann abgibt. Doch in dem Mann, der eine traumatische Kindheit durchlitt, brodelt es; zumal er nicht weiss, ob er Olgica trauen soll. Als sie ihn mit einem aufdringlichen Karate-Lehrer betrügt, der ihr schon seit längerem Avancen machte, gehen Mihailo die Sicherungen durch.
Regisseur und Drehbuchautor Goran Markovic drehte 1981 bereits den jugoslawischen Genre-Klassiker "Variola Vera", einen Schocker über den Ausbruch des Pocken-Virus in einem Belgrader Krankenhaus. Er gilt als einer der besten und einfallsreichsten jugoslawischen bzw. serbischen Filmemacher. In seinem in einer düsteren und trostlosen Welt angesiedelten psychologischen Horror-Thriller "Već viđeno" erforscht er anhand seines Protagonisten die potentiellen Abgründe der menschlichen Seele, wobei er einige recht unkonventionelle Inszenierungs-Kniffe, unter anderem unerwartete Anflüge von schwarzem Humor und eine gewisse Verballhornung des damaligen realsozialistischen politischen Systems Jugoslawiens (Titoismus) einsetzt. Der bosnische Hauptdarsteller Mustafa Nadarevic bleibt dabei, was vom Drehbuch auch so gewollt sein dürfte, über weite Strecken einer ruhigen Inszenierung relativ blass; erst im erstaunlichen und blutigen, "argento"-eske Züge aufweisenden Finale darf er zur Hochform auflaufen. Nicht weniger als spektakulär, und dies in jeder Hinsicht, ist hingegen der Auftritt von Anica Dobra als Olgica. Das Genre des Horrorfilms war allgemein wenig beliebt bei den sozialistischen Obrigkeiten der kommunistischen Länder zu Zeiten des ehemaligen Ostblocks; ein Fakt, der sowohl im sowjetischen wie auch im jugoslawischen Kino zu beobachten ist, wo Genre-Filme kaum verbreitet anzutreffen waren. Interessant anzusehen ist indes, welch ungewöhnliche Filme sich unter den raren Beispielen von entsprechenden Genre-Vertretern trotzdem befinden und zu welchen Tricks und Ideen Filmemacher griffen, um ihre Visionen dennoch umzusetzen. Leider ist der dialoglastige Film nur ohne Untertitel verfügbar; der für die serbische DVD-Veröffentlichung verwendete Print war zudem bereits stark mitgenommen und restaurationsbedürftig.



A Holy Place
Originaltitel: Sveto mesto
Produktion: Jugoslawien, 1990 
(Farbe)
Magna Plus/Radiotelevizija Beograd (TV Belgrade)
Regie: Djordje Kadijevic.
Cast: Dragan Jovanovic, Branka Pujic, Aleksandar Bercek, Mira Banjac, Danilo Lazovic, Maja Sabljic, Predrag Miletic, Rados Bajic, Dragan Petrovic, Dusan Janicijevic, Mihajlo-Bata Paskaljevic.

90 Minuten (PAL)
Osteuropa, im 19. Jahrhundert: Der Student Toma und seine beiden Komilitonen sind über Land unterwegs zu einem Priesterseminar, als die Nacht hereinbricht. Sie finden eine Bettstatt in einer abgelegenen Hütte mit Stall, die nur von einer alten Frau bewohnt wird. Diese fällt in der Nacht in einer surrealen Szene in Hexenmanier über Toma her und reitet auf ihm wie auf einem Besen. Erst auf einem Feld kann er sie abschütteln und erschlägt sie im Affekt — zu seinem Erstaunen verwandelt sie sich anschliessend in eine junge Frau. Toma sucht das Weite, doch zu seinem Entsetzen wollen der Regens sowie der Vater einer in dieser Nacht ermordet aufgefundenen jungen Frau, dass just er drei Nächte lang die Totenwache für diese halten soll. Natürlich handelt es sich um die Frau, die Toma auf dem Feld gesehen hat — und ist er erst allein mit ihr in der Kirche, so hält es die Tote keineswegs in ihrem Sarg.
Regisseur Djordje Kadijevic, der 1973 den aussergewöhnlichen Vampirfilm "Leptirica" für das jugoslawische Fernsehen inszeniert hatte, nahm sich für diesen Kinofilm der 1835 erstmals publizierten Kurzgeschichte "Viy" des russisch-ukrainischen Autors Nikolai Gogol (1809-1852) an, die als "Viy or Spirit of Evil" ("Vij") bereits 1967 in der Sowjetunion verfilmt worden war (Regie: Konstantin Yershov und Georgi Kropachyov). Kadijevic liess die fantastischen Kreaturen und grotesken Gestalten (inklusive des titelgebenden Dämonen-Königs "Viy"), die gegen Ende hin den Roman (sowie den sowjetischen Film) bevölkern, aussen vor und inszenierte stattdessen eine mehr konventionelle Geistergeschichte, wobei er sich vornehmlich auf die dramatischen und erotischen Komponenten der literarischen Vorlage konzentrierte. Düster und unheimlich; allerdings ist der Film nicht einfach zu finden und nur in serbischer Sprache zu sehen.



The Return of the Wolf Woman
Originaltitel: Powrót wilczycy
Produktion: Polen, 1990 (Farbe)
Zespól Filmowy "Oko"
Regie: Marek Piestrak.
Cast: Jerzy Zelnik, Marzena Trybala, Malgorzata Prazmowska, Joanna Trzepiecinska, Grazyna Trela, Malgorzata Piorun, Maria Quoos-Morawska, Leon Niemczyk, Henryk Bista, Zbigniew Lesien, Anna Wojton.
90 Minuten (PAL)
Irgendwann um die Jahrhundertwende (19./20. Jahrhundert) in Polen: Der dekadente Künstler Kamil Orzelski befindet sich eigentlich in den Vorbereitungen zu seiner Heirat mit Krystyna, doch flirtet er nebenbei mit einer Frau, die für eines seiner Gemälde Modell stand. Als diese die Wahrheit über Kamils Absichten erfährt, verflucht sie ihn. Nach ihrer Heirat wollen Kamil und Krystyna die Hochzeitsnacht im Landhaus der Familie Ziembalski verbringen, in dem Zimmer gar, welches eine Generation zuvor der Gräfin Julia gehört hatte, welche sich in einen Werwolf verwandelte und mit einer geweihten Silberkugel getötet werden musste. Bei Julias Grab hat der Blitz eingeschlagen, der Schädel des Werwolfs wurde entwendet. Während Hausherrin Stefania Ziembalska und ihre hübschen Töchter Interesse an Kamil zu bekunden scheinen, weiss Dienerin Agata offenbar mehr über den Fluch, der auf Gräfin Julia lastete. 
"Powrót wilczycy" ("Return of the Wolf", "Return of the She-Wolf" oder "The Return of the Wolf Woman") ist eine Fortsetzung von Marek Piestraks Film "Die Wölfin" ("Wilczyca") von 1982, welche den deutschen Sprachraum nicht mehr erreichte. Im Gegensatz zum ersten Film werden hier zur Darstellung des Werwolfs eine Reihe von Spezialeffekten und Masken eingesetzt, allerdings sind die Auftritte der Kreatur recht dünn gesät und ist das titelgebende Ungeheuer jeweils nur kurz im Bild zu sehen. Vieles spielt sich zudem im Dunkeln ab. Nach einer grandiosen Kamerafahrt über einen Friedhof zu Beginn des Films verliert die Geschichte leider zunehmend an Tempo. Anders als bei seinem Vorgänger liess Piestrak ("Testflug zum Saturn"/"Test pilota Pirxa", 1978; "Der Fluch des Schlangentals"/"Klatwa doliny wezy", 1987; "The Teardrop of Evil"/"Lza ksiecia ciemnosci", 1993) sich hier offenkundig mehr von westlichen Produktionen inspirieren. Beiden Filmen gemein sind indes zahlreiche erotische Szenen. Mit Jerzy Zelnik ("Medium", 1985), Marzena Trybala ("The Phantom"/"Widziadlo", 1983) oder Leon Niemczyk ("Die Wölfin"/"Wilczyca", 1982) sind hier diverse in Polen bekannte Schauspieler zu sehen — auch diese konnten jedoch nicht verhindern, dass der Film weit schlechter ankam als sein Vorgänger.



Lyumi
Originaltitel: Lyumi  (Люми)
Produktion: Sowjetunion, 1991 (Farbe)
Kamera
Regie: Vladimir Bragin.
Cast: Andrei Shcherbovich-Vecher, Vita Grebneva, Aleksandr Potapov, Nadezhda Butyrtseva, Aleksei Selivyorstow, Kapitolina Ilyenko, Aleksandr Mokhov, Aleksei Malyukov, Vladimir Belousov, Yuri Senkevich.
89 Minuten (NTSC)
Der Wissenschaftler und Autor Valery Gumpert legt sich eine Reihe von Schusswaffen und Tellereisen zu im Bestreben, es seinem Urgrossvater Jakob gleichzutun und eine werwolfartige, "Lyumi" genannte Kreatur durch die Wälder des Baltikums zu jagen. Diese, gegen zweieinhalb Meter gross und als Mensch verkleidet, trampt derweil durch die Gegend. Gumpert kommt zum abgelegenen Holzhaus von Yanis und Inga und trifft auf seltsame Gestalten wie Imant, welcher als erster unliebsame Bekanntschaft mit Lyumi macht, sowie den Soldaten Sigis, der mit einer Wassermelone durch die Landschaft rennt und Gumpert zunächst festnehmen will. Währenddessen schicken Yanis und Inga ihr rotgewandetes kleines Töchterchen Marianna zu Grossmutter Ester...
"Rotkäppchen" (Marianna) trifft auf den bösen Wolf (Lyumi) in dieser bizarren postmodernen Variation des bekannten Märchens mit satirischen Untertönen aus den letzten Tagen der ausgehenden Sowjetunion. Die russischen (baltischen?) Wälder gaben ausgezeichnete Drehorte für einen atmosphärischen Horrorfilm (einer der wenigen sowjetischen Vertreter dieses Genres) ab, die Intention von Regisseur und Drehbuchautor Vladimir Bragin lag indes vermutlich eher darin, eine Allegorie (um jegliche Zweifel auszuräumen, liest Marianna während des Films gar ein Märchenbuch mit der Geschichte von "Rotkäppchen"), bzw. ein "Märchen-im-Märchen" zu schaffen. Potentiell unheimliche Szenen werden zumeist durch Situationskomik relativiert. Da dieser kuriose Film nur in Russisch und ohne Untertitel zu sehen ist, bleibt dem (westlichen) Zuschauer leider vieles verborgen.



Monsters
Originaltitel: Monstry  (Монстры)
Produktion: Russland/USA, 1993 (Farbe)
Sinebridzh/Multi-Media
Regie: Sergey Kuchkov.
Cast: Boris Shcherbakov, Ella Safari, Georgij Nikolaenko, Vladimir Antonik, Nicholas Rudoplavov, Timofey Sopolev.
84 Minuten (PAL)
Ein Unglück in einem Atomreaktor mit anschliessender radioaktiver Verstrahlung und/oder Auswirkungen von Sonnen-Protuberanzen, die mit erstgenanntem Ereignis im Zusammenhang stehen, bewirken die Kontamination eines grossräumigen Gebiets in Russland. Ein Team von Wissenschaftlern und militärische Spezialeinheiten werden in die verseuchte (anderweitig evakuierte) Umgebung entsandt, um Informationen zu sammeln. Nach dem Fund einer übergrossen Ameisenkönigin werden sie von kontaminierten Tieren — Riesenschlangen, Ratten, Rabenkrähen, einer Echse, einer riesigen Schildkröte (!) sowie Flusskrebsen — angegriffen, bei denen die Verstrahlung zu Riesenwuchs geführt hat. Die Angriffe der Kreaturen kosten zahlreiche Teammitglieder das Leben; das Militär fährt schliesslich ein Grossaufgebot von Panzern und Flugzeugen auf, um der Bedrohung Herr zu werden. Die Zone wird zu einem regelrechten Kriegsgebiet.
Ein rarer und hochgradig obskurer Horrorfilm aus dem post-sowjetischen Russland Boris Jelzins (1993), der mit einer bizarren künstlerischen Unterwasser-Montage während des Vorspanns startet und in dem die Natur in der Gestalt riesiger Tiere Amok läuft. Gut möglich, dass Regisseur und Drehbuchschreiber Sergey Kuchkov sich für diese Tierhorror-Mär von der Atomkatastrophe vom 26. April 1986 im ukrainischen Tschernobyl inspirieren liess. Der Look des augenscheinlich auf 16-mm-Film gedrehten Streifens (der vermutlich ziemlich spärliche Produktions-Etat musste wohl anderweitig aufgewendet werden, beispielsweise für das Auffahren von Militärgeräten) sowie seine musikalische Untermalung verleihen ihm eine eigentümliche, düstere Atmosphäre, die ein gutes Stück weit an jene italienischer Zombie-Filme mit Endzeit-Flair wie "Die Hölle der lebenden Toten" ("Virus — L'inferno dei morti viventi", 1980) oder "Zombie 3 — Die Bakterie des Grauens" ("Zombi 3", 1987) erinnert. Zu den offensichtlichsten Problemen dieses ausserhalb Russlands (bzw. Osteuropas) nicht gezeigten Films zählt sicherlich die teils eklatante Differenz zwischen seinen Ambitionen und seinem Budget, beziehungsweise die technischen Fertigkeiten seines Spezialeffekte-Teams, das mit echten Tieren arbeitete, die in Modellen abgefilmt, vergrössert ins Bild kopiert oder einfach nur von sehr nahe in Relation zu ihrer Umgebung aufgenommen wurden, jedoch nur sehr selten effektiv mit den Menschen interagieren. Das Resultat ist zwar kreativ, aber leider meist wenig überzeugend. Ein "A" für Effort.



Taranthriller
Originaltitel: Taranthriller
Produktion: Polen, 1993/1997 
(Farbe)
Opus Film/Telewizja Polska (TVP)
Regie: Miroslaw Dembinski.
Cast: Marek Kondrat, Henryk Bista, Anna Ciepielewska, Agata Dembinska, Iga Mayr, Hanna Mikuc, Dorota Segda, Ewa Szawlowska, Bartlomiej Topa, Zbigniew Zamachowski.
52 Minuten (PAL)

Ein Assistenzprofessor einer Universität unternimmt Untersuchungen am Gift exotischer Vogelspinnenarten. Dabei erhofft er sich, ein Elixier mit verjüngender Wirkung zu finden. Nach einem Gespräch mit seiner Frau mietet er eine Wohnung für sich und die gemeinsame kleine Tochter in einer abgelegenen Villa, deren exzentrische und etwas unheimliche Besitzerin eine eigene Agenda verfolgt — sie will die Forschungsergebnisse des Wissenschaftlers für sich selbst nutzen. Es dauert nicht lange, und diverse hochgiftige Spinnen sind in dem dunklen, von einem Park umgebenen Gemäuer unterwegs.
Vermutlich (?) ursprünglich für den öffentlich-rechtlichen polnischen TV-Sender "Telewizja Polska" (TVP) gedrehter Film, der einen raren polnischen Ausflug in das Subgenre des Tier-Horrors markiert. Handwerklich solide, stellenweise gekonnt inszeniert; jedoch bleibt die Handlung dünn und der Film mit lediglich 52 Minuten Laufzeit zu kurz, um wirklich unter die Haut gehende Spannung erzeugen zu können. Richtige Suspense kommt erst gegen Ende auf, wenn die Familie in einem Raum eingeschlossen ist und dabei von Spinnen und Feuer bedroht wird. Nebendarsteller Henryk Bista (1934-1997), der in "Taranthriller" den Vater (respektive Grossvater) der Familie verkörperte, war ein bekannter polnischer Schauspieler, der auch in Genre-Filmen wie "Medium" (1985), "O-bi, O-ba — Das Ende der Zivilisation" ("O-bi, O-ba — Koniec cywilizacji", 1985) oder "The Return of the Wolf Woman" ("Powrót wilczycy", 1990) zu sehen war (1993 spielte er zudem in Steven Spielbergs Kriegsdrama "Schindlers Liste"/"Schindler's List" mit). "Taranthriller" entstand bereits 1993, eine Veröffentlichung fand jedoch offenbar erst im Februar 1997 statt. Der obskure Film wurde nur in Polen und auch da nur auf VHS veröffentlicht.



Hagi-Tragger
Originaltitel: Hagi-Tragger  (Хаги-Траггер)
Produktion: Russland/USA, 1994 (Farbe)
Kinostudiya "12A" (Moskau)/Stargaze Productions, Inc. (New York)
Regie: Eldor Urazbayev.
Cast: 
Sergey Shakurov, Aleksandr Porokhovshchikov, Lyudmila Chursina, Yekaterina Dvigubskaya, Yevgeni Dvorzhetsky, Georgiy Vitsin, Aleksandr Peskov, Aleksandr Yakovlev, Mariya Vinogradova, Vadim Zakharchenko.

82 Minuten (PAL)
Ein wunderlicher alter Moskauer Puppenmacher gerät an eine geheimnisvolle, lebendige Puppe, die beseelt ist von einer unerklärbaren Kraft aus dem Mittelalter, die ihr einen bösartigen Charakter verleiht. Der Verbrecher-Boss Al Haroun verwendet die Puppe namens "Hagi-Tragger", um ihm unliebsame Gestalten aus dem Weg zu räumen, doch "Hagi-Tragger", der auch hypnotische Kräfte besitzt, wendet sich schliesslich gegen ihn. Ein Ermittler kommt dem Treiben nach und nach auf die Spur und setzt die Puppe schliesslich in Brand, doch "Hagi-Tragger" erweist sich als unzerstörbar.
Ein seltsamer kleiner russischer Film ohne Untertitel auf den Spuren von David Schmoellers "Puppet Master" ("Puppetmaster", 1989) und Tom Hollands "Chucky — Die Mörderpuppe" ("Child's Play", 1988), nach einem Drehbuch von Vladimir Bragin ("Lyumi", 1991). Entstanden in einer Zeit, als Russland wirtschaftlich an Krücken ging und die Anzahl der Kinoleinwände im Land im Vergleich mit den vormaligen Sowjet-Zeiten (1917-1991) auf einen winzigen Prozentsatz zusammengeschrumpft war, sind dem Film seine schwierigen Produktionsbedingungen und beschränkten finanziellen Mittel anzusehen, doch gelungenes "location scouting" und effiziente Fotografie machen hier vieles wieder wett. Die titelgebende Puppe mit dem seltsamen Namen "Hagi-Tragger", obgleich nicht sehr oft zu sehen, kommt seltsam und unheimlich genug — und in einigen Szenen verblüffend lebensecht — daher. Ein seltener russischer Ausflug ins Horror-Genre, wenn auch mit Elementen von Krimi, Thriller und schwarzer Komödie, der gleichzeitig die letzte Filmrolle des sowjetischen Theaterschauspielers Georgiy Vitsin ("Das Märchen von der verlorenen Zeit"/"Skazka o poteryannom vremeni", 1964; "Sannikow-Land"/"Zemlya Sannikova", 1972; "Finist — Heller Falke"/"Finist — Yasnyj sokol", 1975) markiert.



Vampire
Originaltitel: Upyr  (Упырь)
Produktion: Russland, 1997 (Farbe)
Kinostudiya Imeni M. Gorkogo
Regie: Sergei Vinokurov.
Cast: 
Aleksei Serebryakov, Nikolai Lavrov, Igor Shibanov, Lyudmila Varfolomeeva, Sergei Ruskin, Vadim Lobanov, Vladimir Bogdanov, Georgi Shtil, Anatoli Khropov, Artyom Tsypin, Aleksandr Gorbanev, Andrei Gryaznov.

72 Minuten (PAL)
Ein namenloser professioneller Vampir-Killer trifft in einer isolierten russischen Stadt ein, die im Banne eines mächtigen Blutsaugers steht. Nach einem Bandenkrieg und der Übernahme der Stadt durch den Vampir ist selbst der Chef der lokalen Mafia derart verängstigt, dass er Besucher prophylaktisch mit Gewehrkugeln empfängt. Ein Bibliothekar bringt den Vampirjäger, der auch mit der Tochter des Mafiaoberhaupts anbandelt, schliesslich auf die richtige Spur. Dazu setzt der Profi-Pfähler besagte Tochter als Lockvogel ein. Schliesslich kann die überlebende Stadtbevölkerung mit einer Fähre evakuiert werden, doch bleibt unklar, wer in der Stadt die Oberhand behält.
Ein obskurer, ausserhalb seines Herkunftslands nicht gezeigter russischer Vampir-Horrorfilm aus den frühen post-sowjetischen Jahren des russischen Kinos, das in dieser Zeit, weitgehend befreit von den strengen Vorgaben der Sozialisten, doch in der Regel nurmehr mit einem Fragment der vormals vorhandenen Produktionsbudgets, nach neuen Wegen (und Genres) suchte — und sie in Stoffen wie diesem fand. Der Film weist — analog zu seiner Entstehungszeit — einen kalten, tristen "Look" auf, Kulissen und Sets strahlen noch eine entschieden sowjetische Aura aus. Ein düsterer Film aus düsteren Zeiten mit einem Thema, das in russischen Filmen nicht oft abgehandelt wurde, für den westlichen Zuschauer jedoch weitgehend überraschungsfrei abläuft; nur in Russisch ohne Untertitel.



Schöne tote Mädchen
Originaltitel: Fine mrtve djevojke
Produktion: Kroatien, 2002 
(Farbe)
Alka-Film Zagreb
Regie: Dalibor Matanic.
Cast: 
Olga Pakalovic, Nina Violic, Kresimir Mikic, Inge Appelt, Ivica Vidovic, Milan Strljic, Mirko Boman, Jadranka Djokic, Boris Miholjevic, Marina Kostelac (Marina Poklepovic), Hrvoje Barisic, Marko Bertok, Vlado Brkic.
77 Minuten (PAL)
Iva und Mare (Marija), zwei junge Frauen, ziehen in einem heruntergekommenen Mietshaus in einem Aussenquartier der kroatischen Hauptstadt Zagreb ein. Schon bald muss sich das lesbische Paar mit den Eigenheiten der anderen Hausbewohner auseinandersetzen, die alle ihre eigenen Probleme haben: Vermieterin Olga, die alle kontrollieren und ausspionieren will; ihr Mann Blaz, der dem Treiben seiner Frau mehr oder weniger gleichgültig zuschaut; Sohn Daniel, Möchtegern-Frauenheld und Besitzer des lokalen Lebensmittelgeschäfts; Dr. Peric, ein schmieriger Gynäkologe, der in seiner Praxis im Haus illegale Abtreibungen durchführt; Ivica, dessen stummer und etwas zurückgebliebener Sohn; Lidija, die der Prostitution nachgeht; Kriegsveteran Lasic, der seine Frau verprügelt sowie der alte Herr Rukavina, der mit der Mumie seiner verstorbenen Ehefrau zusammenlebt. Als ein Streit zwischen Daniel und Iva eskaliert, zeigen die Hausbewohner, wie religiös-konservativ und intolerant sie sind.
Dieser kroatische Film des Regisseurs Dalibor Matanic lässt sich nur schwerlich einem Genre zuordnen, mischt er doch Elemente von Horror, Thriller, Drama und (schwarzer) Komödie durcheinander zu einer ziemlich beissenden Gesellschaftskritik, die in Kroatien anno 2002 offensichtlich noch immer bitter notwendig war (ist). Dies tut er auf unterhaltsame und — gegen Ende hin — zunehmend auch spannende Weise. Dies war Kroatiens offizieller Kandidat für den "besten nicht-englischsprachigen Film" bei den 75. Oscar-Verleihungen im Jahr 2003.



Dark Planet — Prisoners of Power
Originaltitel: Obitaemyy ostrov  (Обитаемый остров)
Produktion: Russland, 2008-2009 
(Farbe)
Non-Stop Productions/Art Pictures Studio/Telekanal STS
Regie: Fyodor Bondarchuk.
Cast: Vasiliy Stepanov, Pyotr Fyodorov, Sergey Garmash, Gosha Kutsenko (Yuriy Kutsenko), Aleksey Serebryakov, Mikhail Evlanov, Andrey Merzlikin, Anna Mikhalkova, Maksim Sukhanov, Fyodor Bondarchuk, Yuriy Tsurilo, Kirill Pirogov.
120 Minuten (NTSC/internationale Fassung)/228 Minuten (NTSC/russische Fassung)
Im Jahr 2157, als die Menschheit auf dem Zenit ihres bisherigen Daseins steht, stürzt der junge Maxim Kammerer auf dem "sternenlosen Planeten" Saraksh ab, wo er alsbald gefangengenommen und vom naiven Unteroffizier Guy Gaal in die Hauptstadt eines totalitären Staates eskortiert wird. Auf Gaals Empfehlung hin wird er in die Streitkräfte aufgenommen, wo er durch seine Kraft, sein Können und Wissen schon bald auffällt. Er verliebt sich in Rada Gaal, Guys Schwester, und realisiert, dass er einer brutalen Militärdiktatur dient, die von den fünf sogenannten "unbekannten Vätern" regiert wird. In Ungnade gefallen, freundet er sich mit den "Entarteten", den Feinden des Regimes, an und geht mit ihnen in den Untergrund. Hohe Regierungsbeamte, unter anderem der Staatsanwalt sowie der gefürchtete Strannik (Wanderer), haben ein Auge auf ihn geworfen und verfolgen ihn unabhängig voneinander. In einem gekaperten Regierungspanzer schafft es Maxim — mit einem unwilligen Guy Gaal im Schlepptau — schliesslich über die Grenze in ein Nachbarland, derweil die "unbekannten Väter" einen Krieg gegen den Nachbarstaat beginnen. Maxim sucht nach Verbündeten und plant die Revolution auf Saraksh. 
"Obitaemyy ostrov" entstand nach dem in Russland bekannten und hochangesehenen, 1971 erschienenen Science-fiction-Roman "Die bewohnte Insel" der Brüder Arkadiy und Boris Strugatsky und war mit einem Budget von 36.6 Millionen $ der teuerste russische Film seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Zwar gab es für den Film Kritik von Anhängern des Romans, doch Regisseur Fyodor Bondarchuk gelang ein aufwendiger, unterhaltsamer und technisch brillanter Science-fiction-Film von epischen Dimensionen (die russische Originalfassung, die in zwei Teilen 2008 respektive 2009 in die Kinos kam, hat eine Gesamtlänge von 228 Minuten), der bis zum Ende sehr gut zu unterhalten weiss und der auch durch sein tolles Produktionsdesign und die Filmmusik von Yuriy Poteenko zu überzeugen vermag. Spezialeffekte und Actionsequenzen gerieten spektakulär, vor allem die Panzerschlacht gegen Ende des Films. Für den internationalen Markt wurde eine 120-minütige Fassung erstellt, bei der leider vieles auf der Strecke blieb und bei der man grosse Mühe hat, die recht komplexe Geschichte noch nachzuvollziehen. Leider fehlt dafür in der langen Fassung der tolle gezeichnete Vorspann der internationalen Version. Kritik gab es auch an Hauptdarsteller Vasiliy Stepanov, der als talentloser Schönling gebrandmarkt wurde, obwohl er Maxim Kammerer exakt so verkörpert, wie er im Buch beschrieben wurde. Wer einen modernen, aufwendigen und spektakulären russischen Science-fiction-Film sehen möchte, ist hier richtig.



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